WOFÜR ENTSPANNT PRODUKTIVE-FÜHRUNG DIE WELT VERBESSERT
Christian: Hallo Michael.
Michael: Hey Christian.
Christian: Über was magst du heute nachdenken?
Michael: Schöne andere Formulierung für die Frage „was beschäftigt dich gerade?“. Ich stelle mir selber gerade die Frage „wie werde ich ein noch besserer Zuhörer?“. Ich höre immer wieder, dass das so wichtig ist, auch in unserem Job und als Führungskraft, dass es so wichtig ist, ein guter Zuhörer zu sein. Ich würde da gerne noch besser werden. Wie mache ich das?
Christian: Woran würdest du denn erkennen, dass du ein guter Zuhörer bist?
Michael: Ich würde das daran erkennen, dass Leute mir das sagen, sich bedanken, das loben, was ich für ein toller Zuhörer bin, dass ich mich da gut einfühlen kann in ihre Themen, in denen ich ihnen unterstützend als Coach beistehe, vielleicht würde mir jemand eine E-Mail schreiben oder eine Rezension in unseren Blog oder den Podcast oder auf der Referenzen-Seiten, auf Facebook oder LinkedIn, so Belege dafür, wo Leute sagen „das ist ein toller Zuhörer“.
Christian: Das wäre ja praktisch die Vision, die du hast. Wie fühlt es sich denn an für dich, wenn du ein guter Zuhörer bist?
Michael: Relativ still. Entspannt. So „zen“ irgendwie. Im Flow-State, nur zuhören.
Christian: Was denkst du denn während du zuhörst?
Michael: Wenn ich ein guter Zuhörer bin, denke ich nichts.
Christian: Ja war eine Fangfrage.
Michael: Ich höre zu. Vielleicht wiederhole ich dann im Kopf mit meinen Gedanken, was ich gerade höre und stelle das in den Dienst der Unterhaltung, um damit meinem Gegenüber noch mehr helfen zu können, dem Thema, um das es geht, wo ich gerade zuhöre.
Christian: Was machst du denn bisher um dich selber davon abzuhalten, ein guter Zuhörer zu sein? Du hörst jemandem zu, was machst du, statt zuzuhören?
Michael: Oft kommen dann Gedanken bei mir hoch oder ich möchte dann was sagen, möchte einen Beitrag leisten, vielleicht habe ich eine tolle Idee oder habe eine eigene Erfahrung zu dem Thema gedacht, wo ich mir denke „vielleicht kann das helfen“, nur mir ist natürlich bewusst, was ich dadurch mache, ist den anderen in seinem Sprechen, in seinem Redefluss zu unterbrechen. Da werde ich langsam immer bewusster, dass ich das sorgfältig wählen darf, wann ich dann wirklich reingehe ins Gespräch und zu welchem Zweck überhaupt.
Christian: Zu welchem Zweck hörst du denn zu?
Michael: Wenn es mir bewusst ist, dann höre ich zu zu dem Zweck um den anderen wirklich gut zu verstehen und um durch unser Gespräch dem anderen dabei zu helfen, mit dem Thema voranzukommen. So möchte ich es jedenfalls haben. Kriege ich nicht immer hin.
Christian: Es ist ja wie ein purpose. Auf der einen Seite um den anderen zu verstehen und auf der anderen Seite kannst du ja auch zuhören, um was über die Welt zu verstehen, jemand erklärt dir was über die Welt, über Politik, über Wissenschaft oder einfach du könntest auch was lernen über dich. Ich mag da dieses Bild „ich kann von jedem was lernen“. Jeder Mensch ist Experte auf einem Gebiet, wo ich nicht Experte bin.
Michael: Das habe ich immer öfters. Wenn ich gut zuhöre und auch mit meinen eigenen Kommentaren, Anmerkungen, Erfahrungen, mit meinen eigenen Worten zurückhalte, dass ich mir dann schon mal die Frage stelle „okay, warum habe ich gerade die Gedanken, die ich da aussprechen möchte, die ich habe und was sagt das über mich selbst aus?“. Da bin ich voll dabei. Da lerne ich irrsinnig viel, wenn ich anderen mal in Ruhe zuhöre, meine eigenen Gedanken zu beobachten und zu merken, dass ich die Welt ganz anders sehe als der andere gerade und ich kann in dem Moment noch mehr lernen, wenn ich weiter schön die Klappe halten und zuhöre oder vielleicht ein paar geschickte Fragen stellen, wo dann noch mehr davon kommt. Geschickte Fragen stellen.
Christian: Das ist die eine Technik und die andere Technik ist „einfach mal Klappe halten“.
Michael: Punkt verstanden. Weiter. Jetzt können wir den Zuhörern die Frage stellen, was ihr jetzt gerade gedacht habt, in dem Augenblick, wo es so still war.
Christian: Es war überhaupt nicht lange still, vielleicht zwei Sekunden. Da kenne ich ja die schöne Technik, die ich manchmal anwende, 15 Sekunden ist einmal „happy birthday“ singen. 15 Sekunden mal die Klappe halten ist praktisch 15 Sekunden lang still „happy birthday“ singen. Es fühlt sich als Zuhörer wahnsinnig lang an. Der andere, der gerade dabei ist zu denken, ein Coachee oder ein Mitarbeiter, den ich gefragt habe „was würdest du denn jetzt machen?“ für den sind die 15 Sekunden nicht lang.
Michael: Ich habe das jetzt gerade gemacht. Während du gesprochen hast, habe ich im Kopf „happy birthday“ gesummt.
Christian: Was habe ich gesagt?
Michael: Ich bin mit der Hypothese reingegangen, dass wenn ich das mache, dass ich dir gut zuhören kann und ich habe tatsächlich dabei gemerkt, dass ich gut zuhören konnte. War so ein bisschen eine „out of body experience“ gerade.
Christian: Sehr strange. Schweigen nach einer Frage ist sowieso ein sehr starkes Tool. Ich mache das gerne am Telefon, wenn ich Verhandlungen über das Telefon führe, jetzt auch bei Kleinigkeiten, einfach mal still sein.
Michael: Ist so wie in der Mathematik und der Informatik. Die leere Menge ist auch eine Menge und das 0-Element ist ziemlich wichtig und die Entscheidung zu treffen, mal nichts zu sagen, ist eine große Entscheidung, die mir oft mehr Ergebnis bringt als wenn ich wieder was sage. Ja, nehme ich mit.
Christian: Wie kannst du denn noch ein besserer Zuhörer werden?
Michael: Ich erinnere mich gerne an eine alte Weisheit, die habe ich mal im Training erzählt bekommen „personal effectiveness“ oder was es war, „ich habe zwei Ohren, einen Mund und sollte sie proportional anwenden“. Doppelt so viel zuhören wie selber sprechen.
Christian: Da sind ja wieder die Glaubenssätze drin. Wenn ich mehr rede, glaube ich auch, dass ich mehr zu sagen habe.
Michael: Oder vielleicht bin ich mir einfach unsicher und rede deswegen viel. Oder ich bin extrovertiert und rede deswegen viel. Vielleicht muss ich ja laut reden um zu denken.
Christian: „Wie soll ich wissen was ich denke, bevor ich höre was ich sage“.
Michael: Ich könnte ja auch einfach mal im Kopf denken, statt laut reden.
Christian: Ich finde das auch immer in Meetings wichtig, wenn ich Chef bin und im Meeting sitze und ich rede die ganze Zeit, dann kann ich gar nicht wissen, ob meine Mitarbeiter in die richtige Richtung gehen, ob die selber Ideen haben. Wir haben da ja immer den schönen Spruch „hoffentlich bin ich der dümmste im Raum“, das heißt wenn ich ein Meeting habe mit Mitarbeitern, sind die die Experten für meine Themen oder die Themen, die jetzt gelöst werden müssen. Das kann ich nur rausfinden, wenn ich die Klappe halte.
Michael: Was gibt es denn da so für Techniken darüber hinaus? Jetzt irgendwo verstanden „Klappe halten und Stille“ und das mal stehen lasse ist gut und funktioniert. Jetzt in den Gelegenheiten, wo ich mich bewusst dafür entscheide „jetzt sage ich was oder frage was“, was gibt es da für Modelle und Techniken, die es für dich gebracht haben?
Christian: Das eine sind die Follow-Up-Fragen, im Prinzip nochmal nachzuhaken, nachzufragen „was meinst du damit genau“, im Flow des Erzählstroms meines Gegenübers zu bleiben und den vielleicht noch zu beschleunigen, vielleicht leicht zu lenken.
Michael: Da würde ich jetzt dich fragen mit den Follow-Up-Fragen „wie genau ist das nochmal“.
Christian: Genau. Das wäre jetzt eine Follow-Up-Frage. Was mir am meisten geholfen hat, ist einfach ehrlich und echt interessiert zu sein.
Michael: Wie mache ich das? Manchmal drifte ich im Kopf ab und denke an etwas anderes und werde ungeduldig und habe schon wieder zehn andere Sachen, wie kann ich das machen, wie kann ich den Fokus halten und ehrlich interessiert bleiben?
Christian: Wir haben letztes Mal über Meditation gesprochen. Meditation hilft, nicht im Gespräch, sondern außerhalb. Da sitzt du, Gedanken kommen und sagst „ach Gedanke, danke, geh weiter“.
Michael: Wenn ich jetzt mal gegenteste: Was ist mit dem anderen, einfach zu sagen „hör mal, komm jetzt mal auf den Punkt. Können wir mal über die nächste Sache reden?“ Was mache ich dann?
Christian: Kannst du natürlich machen. Die Frage war vorhin „wie kannst du ein besserer Zuhörer werden“. Du kannst auch zwischendurch Ansagen machen. Ich finde ja nicht, dass ich immer ein guter Zuhörer sein muss.
Michael: Okay.
Christian: Sondern es ist ein Verhalten, was ich habe, „ich kann gut zuhören (wenn ich will)“.
Michael: Ganz am Anfang des Gesprächs kann ich mich dann fragen „wofür ist denn das Gespräch eigentlich gut und ist das jetzt ein Gespräch, wo ich ein guter Zuhörer sein möchte, darf oder muss oder ist das jetzt ein Gespräch, wo wir einfach quatschen und die Bälle fliegen hin und her?“.
Christian: Genau. Man kann auch einfach Spaß haben und sich Witze hin und her schmeißen und sinnlos loslachen.
Michael: Kann sich auch mal ganz gut anfühlen.
Christian: Ist ein anderer Ansatz. Oder in einem Notfall gibt es einfach eine klare Ansage. „Du gehst darüber, machst das, du gehst darüber, machst das und zwar jetzt“.
Michael: Ich stelle mir gerade vor ich rufe beim Notruf an, erkläre den Notfall „ah, wie kommt es, dass sie sich gerade so fühlen?“.
Christian: Genau. Die Fragen „was ist passiert und warum interessieren sie sich dafür“.
Michael: Die Personen, die am Notruf sitzen, hören auf die Art und Weise zu, die die Situation erfordert.
Christian: Die wollen dich nicht beim Denken beobachten wie jetzt beim Coaching oder der Mitarbeiterentwicklung, sondern die wollen von dir handfeste Informationen und die so schnell wie möglich. Die fünf W-Fragen „was ist passiert, wie viele Verletzte, wo sind die“…
Michael: Es kommt also mal wieder drauf an. Können wir das Modell des situativen Zuhörens einführen.
Christian: Es kommt immer drauf an. Ich glaube diese Regel gilt immer unabhängig davon, ob es drauf ankommt oder nicht.
Michael: Ja gut. Und was noch?
Christian: Unterschiedliche Kommunikationssituationen erfordern unterschiedliche Kommunikationsstile. Ich darf unterschiedliche Stile haben.
Michael: Ohje, also schon ganz viel Flexibilität, verschiedene Stile haben, kennen, beherrschen, anwenden.
Christian: Ja und da hilft auch wieder entspannt ranzugehen. Wenn ich entspannt daran gehe, sehe ich mehr Wahlmöglichkeiten. Ich habe wieder meine acht Wahle, habe mehr Möglichkeiten und kann dann aus meinem Werkzeugkoffer des Fragestellens, des Kommunizierens, des Managements, einfach das richtige Werkzeug rausziehen. Zum richtigen Zeitpunkt.
Michael: Jetzt habe ich mal gelesen, dass beim guten Zuhören Empathie sehr wichtig ist.
Christian: Ja. Jetzt aber raus aus der Dusche.
Michael: Empathie im Sinne von „nicht mitfühlen, also reingehen“, sondern Empathie im Sinne von „ausdrücken, dass ich nachvollziehen kann, wie derjenige, der gerade mit mir spricht, sich zu der Sache fühlt“ und das also reflektiere und anspreche und anerkenne, was der Gesprächspartner gerade für Gefühle hat, auch und insbesondere wenn mir selber bewusst ist, dass ich mich zu dem Thema anders fühle.
Christian: Das ist ja dann diese gewaltfreie Kommunikation. Das geht auch in die Richtung. „Ich höre, dass du das sagst und mir ist wichtig, dass das und das“
Michael: Und wenn ich dann die Grundlage habe, dass ich die Empathie dann habe, dann kann ich ein Zuhörer sein, der meinem Gegenüber wirklich hilft was Neues zu generieren, Neues über sich auch herauszufinden, dadurch dass ich gut zuhöre, ohne dass ich jetzt sage „du bist aber so und so“.
Christian: Genau und ohne, dass ich es auch genauso mitfühlen muss selber.
Michael: Ist ja schon eine ziemliche Kunst diese Zuhör-Geschichte. Da möchte ich noch besser drin werden.
Christian: Du bist jetzt schon so viel besser geworden, du wirst erstaunt sein über die nächsten Tage, Wochen und Monate, wie gut du plötzlich geworden bist nach unserer Podcast-Episode.
Michael: Ich habe auch gut zugehört.
Christian: Das weiß ich, vielen Dank Michael.
Michael: Ciao.