WOFÜR ENTSPANNT PRODUKTIVE-FÜHRUNG DIE WELT VERBESSERT
Christian: Hallo Michael.
Michael: Hey Christian.
Christian: Wir haben beim letzten Mal über Glaubenssätze gesprochen und da ist der Glaubenssatz gefallen „ich muss viel arbeiten, damit ich erfolgreich bin“. Damit verband ich früher mal den Glaubenssatz „ich muss viel Zeit im Büro verbringen, ich mache keinen Urlaub…“
Michael: Überstunden.
Christian: Ich schlafe wenig.
Michael: Kurze Mittagspause, wenn überhaupt.
Christian: Überhaupt keine Mittagspause, sondern schnell vor dem Computer was essen und jede kleine Sekunde, die ich zwischendurch frei habe, verbringe ich am Handy und spreche mit irgendjemanden oder checke die Mails.
Michael: Am Wochenende abends immer. Harte Arbeit statt Familie.
Christian: Diesen Glaubenssatz bin ich irgendwann losgeworden. Ich hatte ein paar Seminare und Workshops zum Thema „wie kann ich selber auch leistungsfähiger bleiben“. Wir hatten einen tollen Trainer, der auch Sondereinsatztruppen trainierte und Olympioniken. Es ging darum auf den Punkt Leistung zu bringen und wie bereite ich mich darauf vor. Er hat immer sehr schön gesagt, dass immer viele verschiedene Sachen passen müssen. Ich brauche eine Erholungsphase. Kein Schlaf ist blöd. Ich brauche auch zwischendurch Erholungsphasen wie Urlaub und ich muss auf meinen Körper aufpassen, indem ich versuche mich gesund zu ernähren. Zudem hat er Meditation empfohlen.
Michael: Das klingt nicht nach harter Arbeit. Schlafen, Urlaub, Körper erholen, Meditation. Klingt gut, hätte ich auch gerne.
Christian: Das Erstaunliche dabei war, als ich damit anfing und das der Reihe nach in mein Leben eingebaut habe, wurde es tatsächlich leichter. Es gab auch eine Zeit, ca. um die Finanzkrise herum, wo es bei chicco mal nicht so gut ging und da war ich leicht am Burnout vorbeigeschruppt. Dann habe ich mich entschlossen regelmäßig Sport zu machen, zu meditieren und ich machte Urlaub, was ich vorher nicht gemacht habe. Was ich daran spannend finde ist, wie gehe ich als Führungskraft da mit gutem Beispiel voran. Ich habe auch mal in einer Bank gearbeitet, bei den Investmentbankern, wo das Glück daran gemessen wird, wie viel Überstunden man macht. Ich habe das tatsächlich im Unternehmen so eingebaut, dass ich gesagt habe, ich mache jetzt Urlaub. Ich gehe jetzt früher Heim und ich mache auch eine Mittagspause. Wir machen jetzt zusammen eine Mittagspause. Wie sind deine Erfahrungen?
Michael: Ich höre einen Standardsatz in meinem Kopf: „Da habe ich keine Zeit für“. Was mache ich denn dann?
Christian: Ich habe den schönen Spruch gehört „wenn du keine Zeit hast eine halbe Stunde zu meditieren, dann solltest du zwei Stunden meditieren“.
Michael: Da habe ich erst recht keine Zeit für. Spaß beiseite. Unsere Einleitung war „limitierende Glaubenssätze“. Wenn ich sage ich habe da keine Zeit für, dann glaube oder entscheide ich das in dem Augenblick. Denn wer entscheidet darüber, ob ich Zeit für etwas habe oder nicht? Die anderen? Das Universum? Gott? Die Welt? Die Kunden? Die können alle nicht im Kopf etwas für mich entscheiden. Ich entscheide das ja nur. Das heißt du hast entschieden, ich mache das jetzt so, indem du abends nach Hause gehst, machst deinen Urlaub und widmest dich deiner Familie. Du hast dann gemerkt, als du all diese Entscheidungen getroffen hast für deine work-life-balance, dass das dann alles besser geworden ist. Also auch die Ergebnisse bei der Arbeit?
Christian: Ja, weil mir klarer war, was ich eigentlich will. Diese Zeit beim Meditieren, einfach mal eine halbe Stunde hinsetzen und auch zu beobachten, was passiert gerade in meinem Kopf. Die Gedanken auch wieder ziehen zu lassen. Dies hat mir alles so viel Klarheit geschaffen, was ich eigentlich machen will. Ich war vorher höchstwahrscheinlich einer der, der immer beschäftigt ist, also busy ist. Immer viel zu tun und rumwerkelt.
Michael: Das muss man ja sein, wenn man hart arbeitet.
Christian: Ineffizientes Rumwerkeln.
Michael: Maximale Beschäftigung, minimaler Output.
Christian: Genau. Wir hatten auch mal den Begriff eines „Manager-Darstellers“.
Michael: Geil.
Christian: Ich habe bestimmt auch eine Zeit lang mehr Zeit darauf verbracht die Sachen nach außen zu tragen, von denen ich gedacht habe, dass sie wichtig sind.
Michael: „Manager-Darsteller“…da muss ich an schlechte Schauspieler denken oder was ich meine was schlechte Schauspieler sind und diese in Filmen beobachten, wie sie versuchen eine Rolle, einen Charakter zu spielen und ich sehe mehr, wie sie es nur versuchen das zu spielen, als dass sie es wirklich hinkriegen.
Christian: Woher sehe ich denn ob jemand ein guter Manager ist? Also höchstwahrscheinlich schreibt er die ganze Zeit E-Mails und telefoniert.
Michael: Ja, der ist total beschäftigt. Der hat echt viel zu tun. Ich war auch mal so dumm. Ich habe das irgendwann gemerkt, als ich an meinen 18-Stunden-Tagen und sogar am Samstag und Sonntag dermaßen gut abgearbeitet habe und dann sonntags vielleicht wirklich mal an dem Punkt war, wo wirklich gar nichts mehr da war, was ich machen konnte. Dann fiel ich in ein Loch. „Was mache ich denn jetzt?“ Dann habe ich mir noch anderen Kram gesucht, habe noch an irgendeiner PowerPoint-Präsentation nochmal zwei Stunden weiter rumgeschraubt, um dann noch das Pünktchen und die Linie noch etwas schöner zu machen, was am Endergebnis überhaupt nichts mehr bewegt hat. Ich habe mir gesagt, wenn ich das jetzt nicht mache, dann arbeite ich halt nicht hart. Dann bin ich nicht erfolgreich. So ein Quatsch.
Christian: Das hast du nicht nur den anderen gegenüber dargestellt, sondern auch dir selber gegenüber.
Michael: Ja klar, auf die anderen hatte es auch noch Auswirkungen, die bekamen von mir beispielsweise Sonntagmorgens um 02.00 Uhr E-Mails von mir. Das war für mich eine normale Arbeitszeit. Der Konsequenzen bin ich mir erst später bewusst geworden. Was ich damit für Signale aussetze und was ich dann auch von den anderen erwarte und was das für diejenigen heißt, die das nicht mitmachen können oder wollen. Also Leute mit Familie. Das war bei mir nicht so, ich war damals Single. Ich Nachhinein betrachtet war ich tierisch rücksichtslos. Ich habe tierisch Gas gegeben, hatte auch Erfolg. Nur heute suche ich danach, wie ich einen gleichartigen oder noch größeren Erfolg habe mit viel viel weniger Arbeit. Für mich war das das Buch „the 4-hour work week“. Irgendwann haben mir das viele empfohlen, bis ich es endlich gekauft und gelesen habe. Wirklich drei, vier, fünf Mal. Auf einmal sprach jeder von diesem Buch. Tim Ferriss hat dieses schöne Buch geschrieben, worin er darüber philosophiert, dass er mit vier Stunden Arbeit in der Woche einen riesengroßen Erfolg hat. Im Nachhinein kaufe ich ihm das nicht ganz ab, denn der Typ ist hyperaktiv. Und ich habe Beispiele gesehen, dass es geht. Es ist absolut machbar.
Christian: Tim Ferriss hat auch gesagt, dass er diese vier Stunden ein Bild, eine Metapher dafür um was es wirklich geht. Ihm ging es darum, dass Geld verdienen und die sinnvolle Tätigkeit, die ich den ganzen Tag mache, zu trennen. Das war sein Punkt. Ob das mit vier Stunden, oder vier Stunden am Tag wäre, das wäre ja auch schon gut.
Michael: Auf dem Cover war ein Bild drauf, wo jemand entspannt auf einer Hängematte zwischen zwei Palmen liegt und arbeitet so und ist dabei erfolgreich. Dieses Bild hat dafür gesorgt, dass es bei mir „Klick“ gemacht hat. Das ganze Buch, die Gleichnisse. Den Superstress, den brauche ich jetzt nicht mehr, das kann auf Dauer nicht gesund sein. Das habe ich dann auch körperlich gespürt, als ich Aussetzer-Erscheinungen hatte. Seitdem ist das mein Bild. Ich möchte entspannt viel erreichen.
Christian: Wie kann ich das ins tägliche Leben übertragen? Wir haben letztes Mal über die Glaubenssätze gesprochen und da waren jetzt viele Glaubenssätze drin. Viele einschränkende Glaubenssätze. Wie bekomme ich das ins tägliche Leben übersetzt?
Michael: Was mir hilft ist zunächst das Bewusstsein darüber, in welchem Zustand ich mich eigentlich gerade befinde. Die Abstraktion meiner Selbst, mich disassoziiert zu betrachten, wie Psychologen glaube ich sagen. Sprich, dass ich darüber reflektiere, „in welchem Zustand befinde sich dieser Michael eigentlich gerade, der da unten sitzt“. Ich schwebe jetzt gerade im disassoziierten Zustand oben drüber, sitze im Helikopter und gucke runter auf die Welt. Gucke mir das gerade an, „wie ist er gerade drauf, dieser Michael und wie darf der jetzt eigentlich drauf sein. Was würde ihm jetzt helfen, anders drauf zu sein. In welchem Mindset ist der Typ gerade und ist das hilfreich für ihn, dass er damit weiterkommt“. Das ganze aus mir rausdenken und mich von außen betrachten. Das bekomme ich nicht immer hin. Da muss ich ganz ehrlich sein. Manchmal nimmt mich die Rage dann doch noch mit und ich brauche dann einen Augenblick länger, bis ich wieder im Helikopter auf mich gucken kann. Also das ganze Thema „awareness“, also mir bewusst sein in welchem Zustand ich gerade bin. Das hilft sehr. Da stimme ich auch überein, dass dies eine gewisse Übung und Disziplin braucht. Ich meditiere selber sehr sehr selten. Das sollte ich vielleicht mal öfters machen. Ich habe es schon verstanden, dass dies ein Ziel ist von Meditation, da fit zu werden und da so drauf zu gucken.
Christian: Dieser Weg dich praktisch von draußen zu betrachten ist der eine. Und der andere ist natürlich einfach mal in dich reinzuschauen. Also assoziiert zu bleiben und zu gucken, was fühle ich denn da gerade. Ist es das, was ich fühlen möchte? Das war auch bei mir der Punkt an dem ich sagte, das ist nicht mehr der Zustand, in dem ich sein will.
Michael: So will ich mich nicht fühlen, ja.
Christian: Dann hat mein Hausarzt den schönen Spruch gesagt „er kennt keinen Menschen, der einen Burnout hat und der genügend schläft, Sport macht und sich gesund ernährt“.
Michael: Ja geil.
Christian: Das heißt indem ich den Fokus auf Erholung, auf meinen Körper und Geist lege mit Meditation, hilft es mir die Sache, die ich tatsächlich machen will, die sich vielleicht früher wie Arbeit angefühlt haben und meine Ziele zu erreichen. Mich mit einem gesunden Geist, mit einem gesunden Körper, ausgeschlafen auf die Ziele zu stürzen, die ich erreichen will.
Michael: Ich muss jetzt gerade schmunzeln, denn das hat mich sehr an dieselbe Frage erinnert, die wir öfter stellen, wenn es sich um das Thema „Mitarbeiter entlassen“ geht. Wenn wir dann fragen „habt ihr hier im Raum schon mal jemanden zu früh entlassen? – did you ever fire someone too fast?“ Das klang gerade genauso. Kennst du jemanden, der Burnout hatte und der genug geschlafen hat, der sich gesund ernährt hat und Sport gemacht hat? Dass ist schon geil. Nee kenne ich nicht, nur das Gegenteil. Diese Sachen scheinen immer zuzutreffen. Ja schön, und was noch?
Christian: Jetzt könnte ich noch den Glaubenssatz haben „wenn ich jetzt genügend Sport und Urlaub mache und rechtzeitig Heim gehe, dass meine Mitarbeiter das auch machen“. Und die sollen ja arbeiten.
Michael: Ah, okay. Also der Glaubenssatz ist „ich kann das für mich so entscheiden, aber meine Mitarbeiter sollen das bitte anders entscheiden, weil die müssen ja jetzt den Burnout kriegen.“ Die Birne ist jetzt out.
Christian: Da gibt es bestimmt Leute, die das gerne machen.
Michael: Bewusst oder unbewusst. Das heißt da gilt dann das gleiche Recht für alle. Wenn ich das für mich so leben kann, dann kann das eigentlich auch jeder andere machen und wir erreichen dabei immer noch gemeinsam unsere Ziele.
Christian: Vielleicht sogar besser und viel entspannter.
Michael: Dann sind wir ja genau am Ziel.
Christian: Ein Thema würde ich gerne noch anschließen. Das sind Glaubenssätze, die ich in Kommandos verpacken kann. Zum Beispiel war es in der Bank, in der ich mal gearbeitet habe, wenn da einer um 15 Uhr nachmittags Heim gegangen ist wegen irgendetwas, oder um 16 oder 17 Uhr, dann kam der Spruch „ah, ist heute Wiesn-Nachmittag?“
Michael: Ja schön!
Christian: „Oder arbeitest du heute nur halbtags?“
Michael: „Schön, dass Sie mal reingeschaut haben.“
Christian: Genau. „Und wer sind Sie?“ Also diese dummen Sprüche, die ich an dieser Ecke echt dumm finde. Damit kann man ganz viel kaputt machen.
Michael: Das ist auch wieder self fullfilling prophecy. Damit werden diese Sachen mit wahr, weil ich damit unterstütze, dass die Sachen erhalten bleiben und weiterleben, von denen ich eigentlich nicht will, dass sie hier so sind.
Christian: Erstaunlicherweise konnten das meine Mitarbeiter mit mir auch manchmal. Im Sinne von „ach sieht man dich auch mal wieder im Büro?“
Michael: Ja und dann?
Christian: Später habe ich dann angefangen, das direkt aufzunehmen und zu sagen „ja, ich gehe jetzt auch gleich wieder Heim und leg‘ mich wieder hin“. Den Spruch, den wir auch immer haben. Dann haben sie gelächelt und dann war es auch wieder gut.
Michael: Ich will auch wieder auf die Hängematte zwischen den beiden Palmen, weil es mir da total gut gefällt.
Christian: Außerdem wenn ich nicht im Büro bin, dann kann ich ja meine Mitarbeiter nicht vom Arbeiten abhalten.
Michael: Stimmt, da bin ich dabei. Eigentlich tue ich allen damit einen Gefallen. Wenn das jetzt alle machen? Jetzt extrapolieren wir mal. Vollständige Induktion, Element m = 1 haben wir jetzt gerade bewiesen. N = N +1. Also wenn wir das ausdehnen auf die Gesamtheit. Auf alle im Unternehmen, auf die ganze Menschheit sogar. Wo kommen wir dann hin?
Christian: Entspannte Produktivität wäre eines unserer Ziele. Es gibt mehr Menschen, die dann die Sachen machen, die sie wirklich wollen und diese Sachen auch noch mit einem gesunden Geist, entspannt und ausgeschlafen. Bill Clinton hat mal gesagt „die meisten Fehler, die er begangen hat in seiner Präsidentschaft waren unter Schlafentzug“.
Michael: Ja…der muss ziemlich wenig geschlafen haben habe ich mal in seiner Biografie gelesen. Drei Stunden ca.
Christian: Das hat auch lange gedauert, bis er das erkannt hat.
Michael: Ja, schwieriger Job. Jetzt habe ich gerade den Gedanken. Ich war vorhin beim Thema „awareness“ und mir meines eigenen Zustandes bewusst zu sein und meiner Gefühle und welche Gefühle ich eigentlich haben will, um dann eventuell andere Entscheidungen zu treffen, damit ich mich so fühle, wie ich eigentlich will. Jetzt hatten wir den Schritt, wenn alle anderen das jetzt auch machen, dann leben wir in einer Welt von entspannter Produktivität. Was heißt das dann für mich als Führungskraft? Worauf darf ich dann achten bei mir in der Firma und im Team?
Christian: Es geht wieder um genau dieselben Sachen. „This is how we are gonna run this company“. Visionen, wo wollen wir hin? Wie arbeiten wir zusammen? Was machen wir dafür? Und warum machen wir das Ganze? Wenn ich Zeit habe und entspannt und ausgeschlafen bin und mich wohl fühle, weil ich mich gesund ernährt habe, kann ich mir darüber viel besser Gedanken machen.
Michael: Das heißt auf der einen Seite, dass sich alle Leute in der Firma und auch unsere Partner draußen, also alle die irgendwie an unserer Sache mitarbeiten, dass die sich innerhalb von diesem „purpose vision values strategies-Rahmen“ bewegen und auf der anderen Seite „it’s all about the people“, dass die einzelnen Menschen, die beteiligt sind, auch für sich darauf achten können, dass sie gesund sind und darauf achten, dass sie genug schlafen und einen Ausgleich haben und Zeit für Familie und Urlaub haben und so weiter.
Christian: Ja. Es könnte sein, dass es dazu führt, dass viele sinnlose Betätigungen wegfallen.
Michael: Da bin ich dabei.
Christian: Klasse Michael. Vielen Dank. Ich gehe wieder auf die Hängematte.
Michael: Ja, ich lege mich auch wieder hin. Ciao.