CHIEF OF ANYTHING

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WOFÜR ENTSPANNT PRODUKTIVE-FÜHRUNG DIE WELT VERBESSERT

Transkript

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Heute zum Thema „TEV“ – Talent, Erfahrung, values. Wie kannst du das nutzen, wenn du neue Mitarbeiter einstellst und auf was darfst du besonders achten?

Christian: Ja hallo Michael.

Michael: Hey, Christian, wie geht’s?

Christian: Am liebsten gut, wie immer.

Michael: Fantastisch, mir auch, dank dem wunderbaren Kaffee, den du mir eben gemacht hast.

Christian: Ist schon ein Traum. Das Leben ist zu kurz, um schlechten Kaffee zu trinken.

Michael: Das kann ich dir sagen. Danke für diesen.

Christian: Sehr gerne. Was ich dich mal fragen wollte: Wie wähle ich eigentlich die richtigen Mitarbeiter aus?

Michael: Super Thema. Mega Thema. Gerade für jede Wachstumsfirma und auch für Firmen, die vielleicht langsamer wachsen, egal wie schnell oder langsam. Mitarbeiterauswahl ist natürlich ein Riesending, weil die Mitarbeiter, die ich drin habe, die habe ich dann meistens auch für eine ganze Weile drin und einstellen ist wesentlich leichter als ausstellen. Insofern darf ich beim Einstellen schon die möglichst richtige Wahl treffen. Das Modell dazu, was mir am besten gefällt und was ich über Jahre immer wieder sehr erfolgreich anwende, ist das TEV-Modell. Da gucke ich bei der Einstellung auf drei wesentliche Parameter, nämlich auf das T, das E und das V.

Christian: Ich mag ja diese drei Buchstaben-Geschichten. ppp, TEV…

Michael: Das T steht für Talent. Da ist die Frage, „ah, Talent, Moment, was heißt denn das?“. Was heißt das für dich?

Christian: Talent ist etwas, was angeboren ist. Wie bin ich vielleicht, wie war ich schon immer, kann ich vielleicht auch nicht ändern. „In Mathe war ich immer schlecht“. Gibt ja so Sätze.

Michael: Also Sachen, die mir leicht fallen von Natur aus. Der kleine Michael ist talentiert beim Klavierspielen, das heißt dann so viel wie „das fällt dem irgendwie leicht“. Lohnt sich vielleicht, dem auch weiter Unterricht zu verpassen. Genau, das ist das T. Lernen kann ich natürlich alles, also auch jemand, der jetzt vielleicht kein Talent zum Klavierspielen hat, kann Klavierspielen immer noch lernen. Könnte dann nur sein, dass es ihm ein bisschen schwerer fällt und vielleicht länger dauert und am Ende vielleicht nicht ganz so gut wird wie bei jemanden, der da talentierter ist. Das ist das T, die erste Sache, nach der ich gucke, „hat jemand Talent“. Das kann auch bedeuten, wenn der jetzt bei mir mit im Unternehmen ist, wie würde er oder sie sich über die Zeit so entwickeln und vielleicht auch andere Rollen irgendwann annehmen können und auch mit der Firma mit wachsen können und mit der Zeit auch senioriger und größere Verantwortung übernehmen. Der zweite Buchstabe ist das E. Das E steht für „experience“ oder in Deutsch „Erfahrung“. Passt praktischerweise im Deutschen und im Englischen mit dem E. Das bedeutet halt, „was habe ich schon mal gemacht in der Vergangenheit, Sachen mit denen ich Erfahrung haben, die ich schon ein paar Mal gemacht habe“. Sagen wir mal, ich stelle jemanden ein, der hat fünf Jahre Erfahrung Java-Programmierung, dann wäre das eine typische E-Geschichte.

Christian: Obwohl der vielleicht gar kein Talent hat zur Java-Programmierung, aber er hat die Erfahrung und vielleicht die insights, die Präferenz und die Kompetenz. Ich kann mir ja Sachen auch drauf schaffen, für die ich kein Talent habe.

Michael: Perfekt. Perfekte Kombination. Was wir in der Typenpsychologie Präferenz und Kompetenz nennen, korreliert hier ziemlich nah mit dem, was wir hier im TEV-Modell „Talent“ und „Erfahrung“ nennen. Das ist das E. Das Dritte ist das V, das ist jetzt im Deutschen und im Englischen ein bisschen anders, im Englischen ist es „values“ und im Deutschen „Werte“. Das bedeutet nicht, was der für Werte hat dieser Mensch, er hat natürlich welche, so oder so, sondern wie sehr die Werte dieses Menschen zu den Werten des Unternehmens passen.

Christian: Also die Werte, die values, im Unternehmen geben ja an, wie das Unternehmen tickt. Da sehe ich praktisch den fit, ob dieser Mensch so tickt wie das Unternehmen.

Michael: Genau, da ist das Stichwort „values fit“, die Passgenauigkeit zum Unternehmen, wie gut passen die Werte des Individuums zu den Werten des Unternehmens. Wenn die natürlich gut zueinander passen, dann spricht das dafür, dass da ein gutes Ergebnis erzielt werden kann in der Kombination, in der Zusammenarbeit. Wenn die Werte nicht so zueinander passen, dann neigt das eher zu Schwierigkeiten. So haben wir jetzt diese drei Größen, nach denen ich da schauen kann im Bewerbungsprozess, im Interview, wenn ich diesen Menschen kennenlerne. TEV – Talent, Erfahrung und Werte-fit sind die drei Sachen, mit diesem Modell habe ich super Erfahrungen gemacht, weil das so drei sehr verschiedenartige Dimensionen abdeckt.

Christian: So jetzt sitzt dir dann jemand gegenüber, was machst du dann?

Michael: Ja, was mache ich dann. Ich stelle dem oder der natürlich Fragen, um das ein bisschen abzuklopfen. Jetzt kann ich den Bewerber schlecht fragen „wie sind denn deine Werte und passen die zu unserem Unternehmen“. Wenn das Unternehmen Werte hat, könnte ich ihn schon danach fragen, ob er die schon mal gesehen hat und was er davon hält, das wäre eine Möglichkeit oder ich kann danach fragen, wie der Mensch so seine Entscheidungen getroffen hat, wie der seine Karriereschritte bisher geplant hat, was so die größeren Stationen im Leben waren und wie es dann dazu kam, sich zu entscheiden, das oder das zu machen. Das spiegelt oft die Werte wider, also das was mir im Leben wichtig ist und spiegelt auch ein bisschen wider, wo die Präferenzen vielleicht liegen, also das Talent und offensichtlich zeigt es natürlich auch, worin er Erfahrung haben sollte.

Christian: Das heißt du stellst eigentlich nur Leute ein, die Talent, Erfahrung und Werte-fit haben?

Michael: Genau, also idealerweise schon. Das ist ja hier ein Podcast und deswegen können wir das gerade schlecht aufmalen, ich stelle mir das jetzt gerade mal bildlich für uns hier vor. Diese drei Buchstaben, TEV, kann ich als Großbuchstaben schreiben, groß und fett, die kann ich natürlich genauso gut als kleine Buchstaben schreiben. Wenn mir jemand da begegnet in einer Bewerbungssituation und ich gucke jetzt nach Talent und höre mir so die Geschichten an und lese da raus, wie ich das Talent einschätze, dann schreibe ich mir auf, ob ich da ein großes T sehe und male mir dann auch ein großes T auf den Zettel oder halt ein kleines T, wenn ich denke „ja okay, der passt vielleicht zu der Rolle, die ich jetzt hier gerade sehe und andere Sachen in der Zukunft sehe ich da nicht unbedingt“. Dasselbe mit dem E. Stelle ich mir dann die Erfahrung vor „okay, hat zehn Jahre Java programmiert“, wenn ich gerade Java-Programmierer einstellen will, dann kriegt er dann ein großes E und wenn er das vielleicht noch nicht gemacht hat, dann halt ein kleines E. Beim values-fit, beim V, genau dasselbe. Wenn ich dann so die Entscheidungspunkte im Leben der Person gehört habe, dann komme ich damit dann für mich zu einem Bild, zu einem Schluss, zu einem Gefühl, ob ich da ein großes V sehe, also einen großes fit zu den values bei uns im Unternehmen oder eher zu einem nicht so guten fit und am Ende habe ich dann diese drei Buchstabenkombinationen in großen und kleinen Buchstaben vor mir stehen und dann darf ich anfangen, da Schlüsse draus zu ziehen.

Christian: Okay. Also was ist das Beste, was dir passieren kann?

Michael: Ja das Beste, was mir passieren kann, ist, dass es ein großes T, großes E und großes V ist, also jemand der sehr talentiert ist, der viele Sachen machen könnte, der Erfahrung hat in der speziellen Rolle, für die ich gerade einstelle und der noch dazu sehr gut zu den Werten des Unternehmens passt. Stelle ich sofort ein.

Christian: Ist ja einfach. Das heißt die schlechteste Kombination ist alles klein, also wenig Talent, wenig Erfahrung und wenig values.

Michael: Ja, das ist jetzt der Trick. Klar, wenn jemand wenig Talent und wenig Erfahrung und wenig values-fit, dann ist es auch eher so, dass ich den nicht einstelle. Es gibt allerdings tatsächlich noch einen Fall, der schlimmer ist. Vielleicht gehen wir erstmal die anderen Zettel durch und lassen das so als Cliffhanger für ein paar Minuten noch hier schweben.

Christian: Der schlimmste Fall im TEV-Modell.

Michael: Genau. Was ist der zweitbeste Fall? Jetzt habe ich so alle Großbuchstabenkombinationen, das ist leicht, das ist der beste Fall. Der zweitbeste Fall ist, wenn jemand viel Talent hat, von der Erfahrung vielleicht noch nicht da ist, wo ich ihn eigentlich gerne sehen würde, also großes T, kleines E und ein großes V. Warum ist das der zweitbeste Fall? Das E kann ich durch Weiterbildung, development-Maßnahmen, Coaching, Training und so weiter fördern und vergrößern. Also ein kleines E kann ich relativ leicht zu einem großen E machen, das braucht ein bisschen Zeit und ein bisschen Aufwand und es ist 100 % machbar. Das wäre der zweitbeste Fall.

Christian: Es ist natürlich insbesondere dann machbar, wenn der Werte-fit stimmt, weil dann habe ich ja jemand, der ins Unternehmen passt, mit dem komme ich ja wertemäßig zurecht und den kann ich dann auch gut führen.

Michael: Wenn der talentiert ist, heißt das ja, er kann andere Sachen machen, kann auch neue Sachen gut lernen und passt zum Unternehmen, das heißt da ist jemand, der ist lernwillig und der passt zum Unternehmen, dann ist der natürlich motiviert, die Erfahrung, die skills, sich aufzubauen. Skill ist übrigens noch ein anderes Wort, das wird ja heute gerne benutzt, skills = Kompetenz = Erfahrung. Alles sehr nah beieinander von den Begrifflichkeiten. Dann gibt es noch den Fall, okay, jetzt kommt jemand, der hat ein kleines T, also wenig Talent, sich vielleicht andere Sachen drauf zu schaffen, hat ein großes E, also viel Erfahrung für die Rolle, in der ich gerade einstelle und hat auch ein großes V, passt also gut zu den Unternehmenswerten.

Christian: Okay. Das heißt den kann ich wohin setzen, wo er einfach das weiter macht, was er bisher gemacht hat?! Und der passt ins Unternehmen.

Michael: Genau. Der passt ins Unternehmen, der macht einen guten Job in seiner Rolle und ich darf halt nur nicht erwarten, dass der jetzt irgendwie in ein paar Monaten etwas anderes macht oder dass ich den von einer Rolle in die nächste stecken kann oder vom Marketing in die Technik und dann nach Finance oder so, der da jetzt irgendwie quer überall durchgehen würde. Im Modell wird der typischerweise als Spezialist bezeichnet, der kann also, was er kann und liefert das solide ab, passt gut ins Unternehmen und solange ich damit glücklich bin im Unternehmen, ist der damit wahrscheinlich auch glücklich und damit wir alle und die Sache funktioniert gut. Das ist der Spezialistenfall. Das waren jetzt so die Fälle, die gut gehen, also allgemein der Spezialist, einmal der Fall, in dem jemand einfach dazulernt und halt der Fall des Superstars, wo alle drei Buchstaben schon groß sind. Jetzt kommen wir zu dem wirklich schwierigsten Fall. Der schwierigste Fall ist wenn das V klein ist. Das könnte jetzt auch durchaus sein, stell dir mal vor, da kommt jemand rein und du sprichst mit dem und denkst „boah, der hat super Talent, der könnte das und das machen, der könnte hier einige Arbeit übernehmen, vielleicht auch Sachen übernehmen, die ich hier als Chef mache, der hat total viel Erfahrung, hat das schon X Jahre gemacht diese Rolle hier, für die ich ihn gerade einstellen will“. Nur ob der jetzt hier so rein passt und sich mit den anderen Leuten versteht oder ob das da vielleicht irgendwie knuspert, also werte-fit ist schwierig. So.

Christian: Ich meine wenn er die Erfahrung hat, würde ich ihn doch einstellen oder?

Michael: Ja genau, könnte man denken. Das Risiko ist halt, wenn die Werte nicht zu den Werten des Unternehmens passen und damit auch zu den anderen Menschen im Unternehmen, Werte sind ja die Werte der Gemeinschaft, also der Gruppe an Menschen, die darin ist in dem Unternehmen, dann ist das auf eine Dauer eine Zeitbombe. Irgendwann geht das schief, weil irgendwann so ein Mensch eine andere Agenda hat und seine eigenen Ziele verfolgt und was erreichen will, was nicht mehr zum Unternehmen und zu den anderen Menschen in der Gruppe passt und typischerweise knallt es dann irgendwann. Im Modell nennt man diesen Typus dann den „Terroristen“, weil leider mit anderen Werten das am Ende nicht zum selben Ziel führt, sondern leider zum Knall. Das ist ein ganz gefährlicher Fall und ein schwieriger Fall zu erkennen, weil so Leute, die sitzen dann vor mir im Interview und ich denke „boah, der kann echt was und zehn Jahre Erfahrung da und da, megamäßig“. Wenn ich da jetzt schon ein komisches Gefühl habe, dass das von den Werten nicht passt dann „schade“, dann lasse ich es besser sein.

Christian: Das heißt ein kleines V würdest du nie einstellen?

Michael: Ne.

Christian: Und bei den beiden anderen Dingen ist es eigentlich egal? Oder fast egal, weil Erfahrung kann ich kriegen, Talent kann ich durch Erfahrung wettmachen und wenn ich Talent habe, kann ich die Erfahrung kriegen.

Michael: Ja und wenn ich Talent nicht habe, dann ist das auch jemand, der nicht unbedingt mit dem Unternehmen so mitwächst, sondern als Spezialist einfach ein Faktor ist, der dem Unternehmen performant erhalten bleibt und einfach Ergebnisse abliefert. Das passt alles ganz gut.

Christian: Jetzt sagst du ja immer „people like people who are like themselves“. Das heißt wenn du den Wertecheck machst im Gespräch, bist du ja voreingenommen. Wie gehst du das an?

Michael: Ja total. Einer meiner schönen Erfahrungen als ich vor vielen Jahren mal ein Marketingteam aufbauen durfte mit 40 Leuten, habe ich den Fehler gemacht, viele Leute einzustellen, die ich für tolle Leute hielt, da kannte ich diese ganzen Modelle noch nicht und hatte noch nicht die Erfahrung, die ich dann jetzt viele Jahre später meine zu haben und habe dann den tollen Fehler gemacht und habe viele Leute eingestellt, die so ähnlich waren wie ich und das war natürlich eine Katastrophe. Wie ich das heute umgehe ist systemisch. Systemisch bedeutet für mich, dass ich nicht der Einzige bin, der diesen Bewerber interviewt, sondern dass ich mir ein System überlege, das den Bewerber interviewt. Ich frage eine Reihe Kollegen, Mitarbeiter oder Co-Gesellschafter sich diese Person anzugucken, vielleicht auch mal einen außenstehenden Experten oder so und gucke also, dass ich sechs, sieben, acht Leute habe, die mit dem Bewerber sprechen und frage die dann alle „sag mir mal deine Einschätzung zu T, E und V. Siehst du da ein großes T, ein kleines T, großes E, kleines E und ein großes V oder ein kleines V“ und da höre ich dann ganz genau hin, besonders wenn es um das V geht. Dann gibt es Leute, die benutzen dafür Skalen, die machen hier Talent auf einer Skala von 1-10 oder irgendwas, kann man alles machen. Die eine Sache, die ich gelernt habe, ist bei den Werten, dass es eher eine binäre Geschichte ist.

Christian: Ja oder nein.

Michael: Das ist ein ja oder nein. Wenn da etwas bei ist, was nicht passt und wenn es auch, sagen wir mal ich habe jetzt drei Werte in der Firma und zu zwei Werten passt die Person, aber zu einem Wert nicht, dann lasse ich es lieber sein. Selbst bei einem Werte-missfit habe ich immer noch ein großes Risiko, dass die Sache irgendwann knallt.

Christian: Klasse, vielen Dank Michael. Wenn ich dich jetzt nach diesem Gespräch bewerten dürfte, TEV, großes Talent zu sprechen, viel Erfahrung im Management und der Werte-fit ist auch da, es hat Spaß gemacht, vielen Dank.

Michael: Hat Spaß gemacht, danke.

Über diesen Podcast

CHIEF OF ANYTHING ist der Podcast und das Buch für mich. Zusammen mit anderen Menschen will ich entspannt UND produktiv sein, und ich bin dafür bereit mutig und mit Herz Führung zu übernehmen - im Business und im Leben.

CHIEF OF ANYTHING gibt es als Podcast, Buch und Seminar bei der CoA Academy - von und mit Christian Kohlhof und Michael Portz.

von und mit Michael Portz, Christian Kohlhof

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