WOFÜR ENTSPANNT PRODUKTIVE-FÜHRUNG DIE WELT VERBESSERT
Christian: Hallo Barbara.
Barbara: Hallo Christian und hallo Michael.
Michael: Hey Barbara, hey Christian.
Christian: Hallo, schön, dass du da bist, Barbara.
Barbara: Danke, dass ich hier sein darf.
Christian: Sag mal, wer bist du und was machst du?
Barbara: Ich bin seit Kurzem selbstständig als Coach für Leadership und Change und Transformation Management. Ich arbeite mit der CoA-Academy zusammen als Coach und zuvor habe ich 15 Jahre bei einem Kabelnetzbetreiber gearbeitet, Telekommunikationsanbieter, Unitymedia, übernommen worden von Vodafone zuletzt. Da habe ich neun Jahre das Team pure-s-marketing geleitet und habe wahnsinnig viel Leadership-Erfahrung sammeln können und neue Arbeitsweisen implementiert und solche Dinge gemacht.
Michael: Sehr cool. Schön, dass du heute dabei bist, Barbara. Thema ist ja remote leadership hier in der zweiten season von unserem Podcast jetzt. Wenn du das Wort hörst „remote leadership“ oder halt „Führung auf Entfernung“, was passiert da bei dir im Kopf? Was assoziierst du damit?
Barbara: Erstmal Bildschirm. Bildschirmarbeit und ganz viele Gesichter auf dem Bildschirm fallen mir da ein. Tatsächlich fällt mir da ein, dass wir damit vor neun Jahren schon angefangen haben. Wir wurden damals übernommen und zwar habe ich in Heidelberg gewohnt und mein Team war zu 90 Prozent in Köln angesiedelt. Da haben wir schon mit Videokonferenzen angefangen. Deswegen ist das gar nicht mehr so neu für mich.
Michael: Im letzten Jahr, nehme ich mal an, dass du da einige schnellere Veränderungen noch miterlebt hast. Dank Corona sind wir ja alle ein bisschen vorwärts katapultiert worden mit dem Thema. Was hat sich in letzter Zeit geändert oder überraschend geändert oder sind die neuesten Erkenntnisse oder neue Learnings aus dem ersten Coronajahr, jetzt wo wir schon im zweiten Jahr angefangen haben damit?
Barbara: Schlimmerweise das zweite Jahr. Tatsächlich haben sich ganz viele Dinge von heute auf morgen verändert. Das Schöne war: Bei Vodafone waren wir total gut ausgestattet mit allem, was wir so brauchen. Laptops mit Kamera, ein guter Server, gute Internetverbindung und so konnten wir von heute auf morgen eigentlich umswitchen. Das Einzige, was wir da noch nicht so richtig wussten, mit welchem Tool wollen wir denn eigentlich arbeiten? Plötzlich wurden viele Tools ausprobiert, Zoom war irgendwann das Maß der Dinge und so haben wir uns darauf eingestellt und ganz viele Dinge auch ausprobiert ganz am Anfang.
Michael: Was hat es am meisten gebracht aus diesem Ausprobieren der verschiedenen Tools und den ganzen Dingen, wo du sagst „das waren die Highlights, die wir alle übernommen haben und mit denen wir dann remote gearbeitet haben“?
Barbara: So ein richtiges Highlight war schon die Mentalität des Ausprobierens. Dass wir plötzlich da saßen und einfach ausprobieren konnten. Wir haben uns zusammengefunden zu einem Team und haben da ganz besonders viel ausprobiert, nicht nur die technischen Tools, sondern auch Zusammenarbeits-Tools wie neue Tools für Retrospektiven beispielsweise oder „wie können wir einen Workshop interaktiv über die Screens besser gestalten?“. Beispielsweise das Tool „mirror“ war eins, was wir ausprobiert haben, wo wir auf dem Bildschirm dann auch Post-Its kleben konnten oder Dinge aufmalen konnten, das war natürlich etwas Neues. Das ganze Thema „Ausprobieren“ war total wichtig für uns.
Michael: Spannend. Das hat bestimmt einen riesen Spaß gemacht. Gibt es so eine Sache, wo du sagst im Nachhinein „das machen wir jetzt auch remote, das hätte ich mir vor einem Jahr nicht vorstellen können“?
Barbara: Tatsächlich Kaffeetrinken. Das remote Kaffeetrinken ist wirklich eine tolle Sache zum socializen, da wäre ich vorher nicht draufgekommen, das hätte ich doch eher immer präsent gemacht und ich glaube auch obwohl ich schon öfters im Homeoffice gearbeitet habe zuvor oder eben auch diese Zeit vor ein paar Jahren, wo ich noch in Heidelberg gewohnt habe, da wäre ich gar nicht unbedingt auf die Idee gekommen, den Kaffee mitzunehmen oder ein Lunch zusammen zu machen.
Michael: Jetzt bin ich gespannt. Der Christian als Kaffeeunternehmer ist natürlich gerade sehr angesprochen und hält sich gerade an seinem Kaffee. Wie sieht das dann aus so eine Kaffeesession remote? Wie stelle ich mir das vor bei euch, dass das so cool klappt?
Barbara: Die Einladung steht im Betreff „Kaffee Date mit Barbara“ und dann trifft man sich zu einem Kaffee und wir trinken dann diesen Kaffee zusammen und unterhalten uns über das, wie es einem gerade geht, wie wir durch die Zeit kommen, auch viel Privates.
Michael: Also unverbindlich ohne Agenda jetzt etwas besprechen zu haben, kein Meeting, sondern echt nur „wir treffen uns auf einen Kaffee“.
Barbara: Genau. Der Austausch, der sonst auf dem Flur oder in den Büroräumen passiert. Oder das gemeinsame Mittagessen, wo wir uns in die Augen geschaut haben, das fehlt jetzt natürlich oder hat gefehlt.
Michael: Cool, danke.
Christian: Wie lange geht so ein Kaffee Date? 10, 20 Minuten, eine Stunde? Wie lange wird das terminiert?
Barbara: Tatsächlich war bei uns hauptsächlich eine halbe Stunde angesagt. Da kann man schon ganz viel Austausch üben. Das kann man mal zwischendurch machen. Tatsächlich sind die Termine häufig um halb oder um voll und so konnte man da immer schön eine halbe Stunde zwischenschieben. Durchaus gab es aber auch kürzere Termine, wo man mal ganz schnell was austauscht, das ist dann aber eher beruflicher gewesen, wo wir dann diese kurze Zeit ausgenutzt haben zum Kaffeetrinken.
Christian: Jetzt hast du ja vorhin gesagt, du machst schon seit neun Jahren Videomeetings und hast gesagt „remote leadership ist auf ein Rechteck zu schauen“, sinngemäß. Telekommunikationsdienstleister sind ja höchstwahrscheinlich so die Möglich-Macher von dieser ganzen Technologie. War das auch ein Mindset, was ihr da hattet oder hattest du manchmal das Gefühl, es geht bei euch schneller oder langsamer voran mit dem remote arbeiten?
Barbara: Das ist eine gute Frage. Tatsächlich hatten wir zwei Mindsets. Das eine war, genau wie du sagst, „wir können das ja alles, wir sind da ja top ausgerüstet“ und das andere war, es gab immer Leute, die gesagt haben „ich möchte mich lieber präsent treffen. Das mit den Videokonferenzen oder remote…ich möchte mich lieber mit dir persönlich treffen“. Das ist alles nicht so. Deswegen gab es tatsächlich beides im Konzern und es wurde natürlich immer weniger. Es wurde mehr in Richtung virtuell und auch die Homeoffice-Regelungen wurden immer offener.
Christian: Du warst ja Teamlead. Wie hast du das als Führungskraft in deinem Team umgesetzt gekriegt?
Barbara: Tatsächlich war zu Beginn bei mir persönlich das Gefühl da, die 1-on-1 und das Teammeeting möchte ich gerne in der Präsenz abhalten. Damals hatten wir ja kein Corona und da hatte ich wirklich zwei Präsenztage in Köln und bin dann dafür gereist und habe diese Termine immer persönlich abgehalten. Ich glaube das war zu Beginn zum Vertrauensaufbau auch gut. Jetzt, in so einer Zeit wo das gar nicht möglich ist, fühlte sich das sehr wichtig an, dass wir uns remote dann entweder auf einen Kaffee treffen oder eben ganz regelmäßig unsere 1-on-1 abhalten trotz welcher Termine auch immer. Das kann ich eigentlich nur für alle, remote oder nicht, die 1-on-1 oder Teammeetings sind unheimlich wichtig. Das wurde mir auch immer gefeedbacked, dass das gut ist, dass wir das immer machen können.
Michael: Wie stelle ich mir das vor? Wie macht ihr das, damit das Spaß macht, unterhaltsam ist, kurzweilig und halt einfach Tempo und Fahrt hat? Hast du da ein paar Tipps, Tricks, Learnings, die du hier mit uns teilen kannst?
Barbara: Ohja, die waren nicht immer total schnell und flippig und toll und angenehm. Die waren auch schon mal total langweilig und dann haben wir nach zwei Stunden gemerkt, dass es eigentlich ein Meeting für die Katz war und da haben wir dann dran gearbeitet. Wir haben ganz viel ausprobiert. Wir haben zuletzt eine tolle Sache gehabt, wir hatten so 1 ½ Stunden Teammeeting und hatten allerdings montags in den Wochenstart hinein ein kurzes Meeting von einer halben Stunde, wo jeder zwei Minuten Timebox-Zeit hat, sich nur darüber zu äußern, was er diese Woche zu tun hat. Da gab es weder großes socializing, noch andere Dinge zu besprechen, sondern wirklich nur „hallo, guten Morgen, wir starten in die Woche und das ist das, was ich heute auf der Uhr habe“. Das war ein wichtiges Meeting und jetzt in der remote Zeit hatten wir tatsächlich morgens täglich ein „Guten-Morgen-Meeting“. Da wurde dann auch Privates geteilt.
Michael: Cool. Mir fällt gerade noch ein Thema ein. Es gibt so einige Manager, die ich kenne aus der Vergangenheit, die früher gesagt haben „diese ganze remote Sache…ab und zu mal ein Homeoffice-Tag ist okay, aber ich möchte die Leute in der Nähe haben, damit ich weiß, was los ist und woran die arbeiten und damit ich einen Überblick habe“, so ein bisschen Kontroll-Motivation ist das. Wie funktioniert das jetzt? Das bringt ja sehr viele Freiheiten mit sich, remote arbeiten zu dürfen, müssen, können. Wie siehst du das als Führungskraft, das ganze Thema, auch ein Gefühl dafür zu haben, woran die Leute arbeiten und ob das alles zielführend ist und dass die Ziele auch erreicht werden. Wie gehst du damit um?
Barbara: Ja, ich glaube das ist ein sehr wichtiges Thema. Das beinhaltet zum einen das Gefühl eines Managers, dass die Dinge laufen müssen. Das ist ganz klar. Ich habe das aus zweierlei Perspektiven betrachten dürfen. Einmal hatte ich auch Vorgesetzte und zum anderen das Team und ich hatte, wenn dieses Gefühl bei den Vorgesetzten aufkam, das Gefühl kontrolliert zu werden, war ungut. Das wollte ich meinen Mitarbeitern genauso nicht präsentieren. Deswegen habe ich daran gearbeitet, zu sagen, was wir eigentlich auf der Uhr haben, wo können wir Transparenz schaffen, wo kann jeder etwas beitragen. Es ging mehr um das Thema „was haben wir auf der Uhr? Was haben wir eigentlich zu tun?“. Das muss allen klar sein. Das heißt einer der wichtigsten Punkte bei der remote Arbeit ist, dass alle wissen, was sie zu tun haben und welchen Beitrag sie leisten zum Endergebnis und was das Endergebnis sein soll, also wofür sie das eigentlich machen. Dann habe ich empfunden zum einen, ich würde gerne mal wissen, ob sie das auch so tun, dieses Gefühl habe ich persönlich dann weggeschoben und habe einfach vertraut. Ich glaube das Wichtigste ist, dass ich selbst als Führungskraft das Vertrauen in die Gruppe gebe und dann bekomme ich das auch so zurück.
Michael: Das heißt du bist so in die Selbstführung gegangen und wenn da dieses Gefühl kommt „jetzt möchte ich gerne kontrollieren und mal wissen, was ist, dann hast du das an dir selbst beobachtet und entschieden: nö, so muss ich jetzt nicht sein“?!
Barbara: Absolut, genau.
Christian: Du machst ja jetzt remote Führung schon relativ lange, neun Jahre. Wie ist dein Ausblick auf die Zukunft? Was wird in fünf Jahren anders sein als es heute ist bzw. worauf freust du dich oder worauf freust du dich vielleicht auch nicht so?
Barbara: Ich glaube, dass das in Zukunft eine viel größere Normalität bekommt. Dass wir mit diesem „kannst du mich hören?“ und diesen Störungen zwischendurch, dass wir das gar nicht mehr brauchen, da wir mittlerweile wissen, dass man uns hört, wie das alles funktioniert, dass das ganz normal geworden ist. Heute haben wir schon das Gefühl, dass wir miteinander sprechen, dass wir uns sehen und dass wir uns irgendwie nah sind. Das wird noch normaler werden. Nichtsdestotrotz glaube ich auch, dass die Präsenzmeetings wieder stattfinden werden müssen. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass durch die remote Arbeit die Meetings besser strukturiert werden könnten. Ich würde es mir zumindest wünschen. In manchen Meetings, wo man einfach hineingelaufen ist und einfach nur Präsenz zeigen musste, das war ja auch immer so ein Thema, dass man „Präsenz zeigen muss“, da bin ich überhaupt von weg. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man seinen Beitrag leistet und ob man dabei präsent ist oder nicht, hat eher was mit „hier sein“ zu tun, im hier und jetzt sein. Alle, die vielleicht im Meeting präsent und anwesend waren, waren vielleicht auf ihrem Computer zugange und das wird sich vielleicht ändern und da würde ich mich drüber freuen.
Christian: Dieses „präsent sein“ und „Beitrag leisten“ ist ein Unterschied. Das finde ich ziemlich cool. Dankeschön.
Michael: Ich frage mich gerade, wie sieht denn so eine Firmenkultur in Zukunft aus? Wenn dieser remote Anteil, wir nehmen ja alle an, dass er nicht ganz so hoch bleiben wird, wie wir ihn jetzt erlebt haben in jüngster Vergangenheit, aber er wird schon höher bleiben, als es in der Vergangenheit der Fall war. Wenn das also Dauerzustand wird, dass immer ein gewisser Anteil remote mit drin ist, frage ich mich, was hat das für Auswirkungen auf eine Firmenkultur? Wie halte ich dann die Kultur beisammen? Was sind so die gemeinsamen Normen und Werte, die uns Ausrichtung und Vertrauen und Zusammenhalt geben? Brauchen wir dann auf einmal andere Werte, wenn wir remote sind oder brauchen wir überhaupt noch welche? Wie ist so das Utopia von so einer Organisation und von zukünftigen Kulturen, die dann auch was leisten und einen Zweck erfüllen?
Barbara: Wow, was für eine Reflexion. Ich glaube Werte sind nach wie vor wichtig und werden auch wichtig bleiben und ich glaube, dass wir als Führungskräfte noch wichtiger alle diese Werte vorleben müssen. Das Vertrauen zu haben, ist da das A und O und dieses Vertrauen einfach so zu geben. Mir persönlich fiel das am Anfang schwer, das war auch ein großes Learning. Ich habe z. B. erfahren, ich habe mich selbst reflektiert und gedacht „Mensch, da könnte doch noch ein bisschen mehr sein und wieso ist das nicht alles so, wie ich das gerne hätte“ und plötzlich habe ich irgendwo in einem Buch gelesen „wie viel Vertrauen hast du eigentlich in dein Team?“ und da wurde mir das bewusst, dass ich das erstmal reingeben muss. Wie sieht Utopia aus? Ich glaube, dass das Thema Privates, was ja jetzt so ein bisschen hochkommt in dieser remote Zeit, man sieht im Hintergrund Dinge, eine Katze durch das Bild laufen oder Kinder und ich glaube das könnte ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommen und auch das ganze Drumherum, die Empathie für Menschen, die dem Unternehmen dienen und Beiträge leisten, diese Wertschätzung den Mitarbeitern gegenüber könnte etwas mehr werden. Das würde ich mir auch wünschen. Wobei wir da tatsächlich bei Vodafone schon ein sehr gutes Beispiel bekommen haben. Zum Beispiel wurde von dem Management eingeführt, dass wir eine Mittagspause haben und die Mittagspause beinhaltete nicht nur 30 Minuten, sondern tatsächlich wurde berücksichtigt, dass wir auch kochen müssen, wir sind ja im Homeoffice und die Kinder sind da. Das war zum Beispiel etwas Spezielles, was ich mir vorstellen kann, was mehr ins Bewusstsein rückt, auch für Unternehmer und Führungskräfte.
Michael: Wie lang ist dann so eine Mittagspause, die dann quasi vorgeschrieben wird mit Kochen und Essen und Spülen und Kinder betreuen? 30 Minuten?!
Barbara: 45. Ne, tatsächlich waren das auf der Excel-Liste, die wir uns erarbeitet haben, 1 ½ Stunden.
Michael: Ah, cool. Also 1 ½ Stunden war so die Vorstellung, das dürfen wir hier einbauen, damit unsere Mitarbeiter sich zu Hause selber versorgen und da nach allem gucken können und da eine ausreichende Mittagspause haben und eben nicht mal eben hier schnell ein Brötchen einwerfen und dann wieder weiter machen.
Barbara: So haben wir das im Marketing gemacht, genau.
Michael: Das ist ja sehr fürsorglich.
Barbara: Da fanden also keine wichtigen Meetings statt in der Zeit, die wichtigen Meetings wurden transparent gestaltet, das war auch wieder eine ganz neue Vorgehensweise, um den Informationsfluss zu gewährleisten, dass auch Meetings, die vorher Mitarbeitern nicht zugänglich waren, dann geöffnet wurden. Zumindest, dass sie reinhören konnten, was passieren wird, wo der nächste Schritt in den Projekten ist, das war eine ganz wichtige Erfahrung.
Michael: Da hatte ich noch einen Gedanken eben, als du das beschrieben hast, hier im Homeoffice die Katze im Hintergrund oder die ungespülte Küche oder so Geschichten, dieses Zerfließen von Grenzen. Der Gedanke, der mir da kam oder so ein Gefühl, war, ich kenne einige Menschen, Menschen sind ja sehr verschieden, jeder hat so seine eigene Vorstellung von der Welt und diese Vielfältigkeit von Menschen und ihren Vorstellungen inspiriert mich immer mehr und ich habe das Gefühl, dass es noch verschiedener ist als ich früher noch dachte. Jetzt habe ich das Gefühl, dass es Typen gibt, denen die ganze remote Sache relativ leicht fällt und Typen gibt, denen die remote Sache eher ein bisschen schwer fällt. Oder Typen gibt, denen das leicht fällt da so Einblicke in das Privatleben zu zeigen, da kann ich dann halt die Küche im Hintergrund sehen „okay, guckt sie euch an“ oder andere, die dann lieber den virtuellen Hintergrund nehmen oder die Funktion mit dem ausgrauen und unscharf machen. Hast du da Beobachtungen, was so verschiedene Typen betrifft und was gibt es da für Trends? Wer wird durch den Trend remote begünstigt und wer hat jetzt gerade eher Schwierigkeiten, wo wir dann alle auch drauf Acht geben dürfen?
Barbara: Sehr gute Frage und auch ein sehr spannendes Thema. Ich habe viele Typen beobachtet oder beobachten können, ich hatte sogar eine Coaching-Session mit einer Person, die auch ein Problem damit hatte, dass das Homeoffice auch die Wohnung oder andersherum, dass die Wohnung auch das Homeoffice ist. Wir haben versucht herauszuarbeiten, ob das helfen könnte Schilder aufzuhängen, über dem Sofa „hier ist jetzt mein Homeoffice“ und „die Küche ist meine Küche“. Diese Abgrenzung innerhalb der eigenen Wohnung, ich bin begünstigt, ich habe ein Haus, ich kann mir meinen Raum auswählen, andere sind aber in der Wohnung und müssen auf kleinerem Platz damit arbeiten und zurechtkommen. Ich finde das ist eine wichtige Komponente. Auch das Thema Kamera. Möchte man eigentlich immer vor der Kamera erscheinen und morgens, wenn das Update in unserem Team losging, war der ein oder andere einfach noch strubbelig auf dem Kopf und hatte da ein Problem, die Kamera anzumachen. Das ist wichtig für uns Führungskräfte, da genauer hinzuhorchen und vielleicht, wenn jemand öfter die Kamera nicht anhat, gar nicht zu vermuten, dass der jetzt einfach keine Lust hat, sondern da ist irgendwas dahinter. Da kann man auch wieder das Vertrauen reingeben und vielleicht einfach mal nachfragen: „Wie geht es dir? Wie fühlst du dich mit der Kamera? Ist das okay für dich?“ und vielleicht sogar einführen, das haben wir dann auch gemacht, dass es eben okay ist, wenn jemand die Kamera nicht anmachen möchte. Dann gibt es Meetings, wo die Kamera an zu sein hat und eben welche, wo das okay ist, wenn sie nicht an ist.
Michael: Ah, okay, das heißt da wird deklariert vorher schon „das ist jetzt ein Kamera-an-Meeting oder ist ein kann-auch-aus-sein-Meeting“.
Barbara: Auch eine wichtige Komponente, dieses Abstimmen. Was machen wir zusammen und wie funktioniert das? Da haben wir uns auch vorgetastet in meinem Team damals und geschaut, was können wir eigentlich und was wollen wir und was funktioniert nicht. Ich glaube das ist auch total wichtig, diese „test, learn, adapt“ Mentalität an den Tag legen, wieder einfach mal ausprobieren und ganz wichtig für die Führungskräfte: Nachfragen, Empathie zeigen, Verständnis haben.
Michael: Cool.
Christian: Vielen Dank Barbara. Du hast mir so einen tollen Film in den Kopf gepackt, so früher war anwesende Körper in Anzüge und heute sind es beitragende Menschen vor Bildschirmen. Die dürfen dann auch gerne mal strubbelig sein, da darf die Küche auch nicht aufgeräumt sein, weil der Beitrag kommt. Wenn du einen Zauberstab hättest und du könntest diesen Menschen, die irgendwo draußen sind und führen oder geführt werden, mit einem Zauberstab ein Geschenk machen, was wäre das?
Barbara: Das ist eine gute Frage. Als erstes kommt mir wieder Verständnis und Vertrauen in den Kopf. Ein Grundvertrauen würde ich ihnen schenken. Ein positives Grundvertrauen, damit sie zum einen in das Team das auch reingeben können, die Kraft haben, das selbst reingeben zu können und damit sie es auch selbst für sich anwenden können, dass sie z. B. auch durch eine Krise hindurchfinden, dass es positiv ausgehen wird, dass sie eine Lösung finden werden. Ein positives Grundvertrauen.
Michael: Nehme ich.
Christian: Ich auch. Vielen Dank Barbara.
Barbara: Gerne, vielen Dank.