WOFÜR ENTSPANNT PRODUKTIVE-FÜHRUNG DIE WELT VERBESSERT
Christian: Hallo Dieter.
Michael: Hallo Günter.
Christian: Es geht um Verhaltensflexibilität. Schön, dass du so reagiert hast.
Michael: Grüß dich, Christian.
Christian: Hallo Michael. Wir haben bei den letzten zwei Podcasts gesprochen über „Führung ist deine Fähigkeit, zu beeinflussen“. Wir haben darüber gesprochen, dass ich das über mein Verhalten mache. Ich verhalte mich in irgendeiner Art und Weise, das kommt bei dem Gegenüber in irgendeiner Art und Weise an, nämlich in den fünf Sinneskanälen, „vakog“, visuell, auditorisch, kinästhetisch, olfaktorisch und gustatorisch und dann macht mein Gegenüber etwas damit. Er löscht Inhalte, er verzerrt Inhalte, er verallgemeinert Inhalte und dann nimmt er alles, was noch rein kam und mischt das mit seinen Glaubenssätzen, mit seinen Werten, seinen Visionen, seinen Erfahrungen zusammen und dann kommt irgendein Verhalten raus, was ich wieder in den fünf Sinneskanälen „vakog“ für mich erkennen kann. Das heißt ich kriege aus den Millionen von Bytes, die ich reinstecke, über die fünf Kanäle, kriege ich sieben +/- zwei Ergebnisse raus. Das heißt es ist eine echte Blackbox. Ich weiß überhaupt nicht, was da passiert bei dem anderen und bei mir höchstwahrscheinlich habe ich auch keine Ahnung, was da passiert. Du hast dafür immer so ein schönes Bild, dass so viel unter der Oberfläche ist. Du nennst das nicht die Blackbox, weil die Titanic hatte glaube ich keine Blackbox, sondern die hatte nur den, wie hieß das Ding?
Michael: Die hatte den nicht, aber die ist dann dagegen geknallt: den Eisberg.
Christian: Ein Kommunikationseisberg.
Michael: Das ist vielleicht auch das Risiko, dass wenn ich mir dessen nicht bewusst bin, dass ich dann untergehe. Ist ja eine ziemliche Challenge, was wir da in unserer letzten Episode besprochen haben zum Thema „vakog“ und Sinneswahrnehmungen, 20 Millionen Bytes pro Sekunde und am Ende kommen sieben +/- zwei Ergebnisse raus. Für mich als Führungskraft heißt das, diese Blackbox, die dazwischen ist, das ist natürlich wie Billardspielen über Bande mit 100 Kugeln und dann eine rein.
Christian: Im Dunklen.
Michael: So fühlt sich das ein bisschen an. Da gibt es Methoden, wie ich da meine Chancen erhöhe, dass von dem, was ich ausstrahle, was ich aussende, wie ich mich verhalte, ich da in der Ergebnissemenge bei diesen sieben +/- zwei bei meinem Gegenüber eine viel größere Chance habe, wirklich dabei zu sein.
Christian: Jetzt bin ich ja mal gespannt.
Michael: Das funktioniert mit dem Eisberg. Es gibt den sogenannten Kommunikationseisberg. Da muss ein ganzer Teil unter Wasser sein. Es gibt drei wesentliche Komponenten von erfolgreicher Kommunikation. Wir sind ja beim Führen, Führen ist Beeinflussung und Beeinflussung erfolgt über ganzheitliche, ganzkörperliche Kommunikation, Ausstrahlung.
Christian: Das Wichtigste ist, dass ich ganz laut sage, was ich will.
Michael: Unbedingt. Dann hast du schon gewonnen. Viel Glück damit. Also die drei Elemente in diesem Eisberg-Modell sind: Erstens: der Rapport, zweitens: wie ich kommuniziere und drittens: was ich kommuniziere. „Was“ ist glaube ich jedem relativ klar, das ist die Message, worum es geht, der Inhalt. „Wie“ ist, wie ich es ausstrahle, wie ich mich verhalte, ganzkörperlich, ganzheitlich und Rapport ist so ein Begriff, den habe ich durch dieses Bild erst gelernt, den kannte ich vorher nicht, außer diese 100-jährige Militärsprache „zum Rapport erscheinen“. Da kennen wir das im deutschen Kulturraum am ehesten her. Im Englischen ist das Wort verbreitert „report“, da hat jeder schon eine Vorstellung, was das ist. Im Deutschen, besonders hier im schönen Rheinland, wo ich lebe, ist das die „Chemie“. „Die Chemie stimmt“ ist ja so ein toller Spruch. Wenn die Chemie stimmt, dann fluppt es leichter.
Christian: Woran erkenne ich denn, dass die Chemie stimmt?
Michael: Ja wie merke ich das? Wie merken wir das?
Christian: Zum Beispiel, dass wir es schaffen, über solche Sachen zu sprechen. Wenn wir jetzt über Chemie sprechen und du hast jetzt was von deiner Frau erzählt und ich erzähle, dass ich das so meine, dann hört sich das vielleicht wie Smalltalk an, ist es auch, und es hilft uns tatsächlich Rapport aufzubauen. Wir haben ein gemeinsames Thema, wir sprechen drüber, wir haben gemeinsame Erfahrungen, auf die wir zurückgreifen können und ich habe das jetzt gerade genutzt, um mit dir Rapport aufzubauen.
Michael: Das finde ich sehr gut, gefällt mir. Wir kennen uns ja schon ein bisschen und haben den Rapport jetzt auch nicht in einer Session aufgebaut, sondern unsere Beziehung ist natürlich eine Funktion von all unseren Momenten und Zeiten, die wir zusammenhatten und Erfahrungen, die wir zusammen gemacht haben. Wenn man im Wörterbuch nachguckt steht unter „Rapport“ so eine ganz tolle Bezeichnung. Das Simpelste, was mir gefällt, ist „Wechselbeziehung“ oder „Verbindung“. Dann gibt es da noch andere wie „das wechselseitige Verhalten auf verbale und nichtverbale Art und Weise“.
Christian: Wenn man Leute sieht, die sich Café unterhalten, wenn die Beine überschlagen sind.
Michael: Das ist eine schöne Analogie. Es gibt doch diesen Begriff hier „dance in the moment“. Wenn man „in the moment“ einfach gut klarkommt, wenn die Chemie stimmt. Ich kann es gar nicht anders ausdrücken, wenn die Beziehung miteinander tickt und wenn wir auch gar nicht merken, wie die Zeit vergeht und wir reden, tauschen uns aus, malen vielleicht irgendwie eine Skizze und sind da irgendwie mitten im Thema drin, so im Flowstate, das ist alles ein gutes Zeichen dafür, dass dieser Rapport, diese wechselseitige Aufeinanderbezogenheit, das die gegeben ist.
Christian: Wir machen das ja tatsächlich auch höchstwahrscheinlich teils absichtlich, wenn wir uns zum Podcasten hier verabreden, jeder vor seinem Computer. Wir fangen ja nicht direkt an zu Podcasten. Sondern wir erzählen erstmal so „wie war es gerade, wie läuft es daheim“. Tatsächlich Chemie aufbauen, um dann tatsächlich die Sachen zu machen, die wir machen wollen, also die Ergebnisse. Die flutschen dann viel einfacher, weil wir vorher geschafft haben, ähnlich zu schwingen.
Michael: Das ist ein gutes Wort, „schwingen“. Das ist wie eine Synchronisierung. Was ich an mir beobachte ist mit manchen Leuten fällt mir das sehr leicht, da klappt das fast auf Anhieb. Manchmal treffe ich Menschen und denke „mit dem habe ich mich aber gut verstanden“ so vom ersten Augenblick an klickt es einfach und mit manchen Leuten fällt mir das eher schwer und fühlt sich dann für mich eher zäh an und das dauert dann eine ganze Weile oder klappt vielleicht auch überhaupt gar nicht mal so gut.
Christian: Du hast ja immer den schönen Spruch „people like people who are like themselves“. Das heißt es gibt tatsächlich eine positive Schublade von Menschen, mit denen du höchstwahrscheinlich relativ schnell Rapport aufbauen kannst.
Michael: Die Schublade ist eine normalverteilte Schublade, 85 % der Menschen sind sogenannte „matcher“, das heißt die verstehen sich gut mit Menschen, die so ähnlich drauf sind wie sie selbst. Das ist dieses „people like people who are like themselves“ oder „gleich und gleich gesellt sich gern“. Auch ein schöner Spruch dafür. Jetzt packen wir die ganzen Phrasen aus.
Christian: „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“.
Michael: Und dann am Rande der Normalverteilung dann, 15 %, gibt es auch Leute, die verstehen sich tatsächlich besser mit Leuten, die eher anders sind. Das sind so genannte „missmatcher“. Da gibt es auch wieder Techniken, an denen ich das erkennen kann und herausfinden kann, wie jetzt jemand ist, wenn ich jetzt in einer Führungsrolle drin bin und ich es mit einem „missmatcher“ zu tun habe, dann heißt das für mich dann „oh jetzt muss ich etwas anderes ausstrahlen als was ich sonst ausstrahlen würde, damit ich darauf richtig eingehe“. Das war der Rapport.
Christian: Darf ich da nochmal kurz nachhaken, wie mache ich das denn jetzt? Bei manchen fällt es mir einfach, wir sind ja beide höchstwahrscheinlich „matcher“ und kommen da ganz gut miteinander zurecht. Jetzt stehe ich jemandem gegenüber und merke so „die Chemie stimmt jetzt noch gar nicht“ und was kann ich denn tun, um die Chemie stimmender zu machen?
Michael: Wollen wir da jetzt schon reingehen?
Christian: Ja ganz kurz als Teaser.
Michael: Es gibt eine ganze Reihe Techniken. Nehmen wir mal die, die wir uns alle super gut merken können. Die allererste Sache, die fantastisch funktioniert ist, da habe ich eine Anekdote zu. Darf ich erzählen?
Christian: Unbedingt.
Michael: Ich war ja mal ein paar Jahre im Konzern und in diesem Konzern bin ich damals nur reingegangen, weil die so ein Führungskräftefortbildungsprogramm hatten. Die haben quasi damit geworben, „wenn du hier reinkommst, dann wirst du einer unserer zukünftigen CEOs in einer der Tochtergesellschaften“. Da dachte ich mir „zukünftiger CEO, that’s me. Da will ich hin“. Dann habe ich echt in dieser Firma angefangen, angeheuert, weil ich da rein wollte und man hat mir aber nicht versprochen, dass ich darein komme, sondern man hat mir gesagt „okay, wenn du hier anfängst, dann darfst du dich für dieses Programm bewerben und wenn du genommen wirst und es ist ziemlich schwer, darein zu kommen, dann darfst du da mitmachen“. Okay, ich habe dann meinen alten Job verlassen, bin zu dieser Firma gegangen, es war ziemlich wichtig für mich und ich musste dann so ein Assessment-Center mitmachen. Mehrere Assessment-Centers, wo ich also dermaßen auseinander genommen wurde und in Gruppensituationen Sachen machen musste und beobachtet wurde und so weiter. Am Ende dieses Prozesses, der sich über Monate hinstreckte mit psychometrischen Tests, mit Mathetests und was weiß ich. Das alleine war eine geile Erfahrung. Am Ende dieses Prozesses hatte ich dann ein Gespräch mit dem Group-HR-Director in der Organisation und mit zwei weiteren HR-Managern, die dabei saßen und die verkündeten mir dann das Ergebnis. Der hat das ziemlich cool gemacht, der hatte dann so einen Schreiblock in der Hand und hat dann mit einem dicken fetten Stift „yes“ drauf geschrieben und hat mir das dann hochgehalten und entgegengehalten und ich dachte „geil“, ich hatte echt Gänsehaut in dem Augenblick, weil ich dachte „boah, da bin ich jetzt reingekommen, Wahnsinn“. Das war ein sehr geiles Gefühl. Dann bekam ich danach Feedback. Es ging sich ja darum, Leute weiterzuentwickeln zu guten Führungskräften und zukünftigen CEOs also fingen die direkt auch an in dem Sinne „dann dürfen wir schon mal ein bisschen Feedback geben“. Die haben das natürlich professionell gemacht, was du dann in Zukunft schon mal noch besser machen darfst, was wir beobachtet haben. Dann guckt er mich, er sitzt gegenüber am Tisch vor mir und steht so auf und räkelt sich so mit dem Kopf über den Tisch und grinst mich mit einem Riesenlachen an und ich lache so laut und dann guckt er mich an „you see? What did just happen?“ Und ich sag „ich habe gelacht“. „And how do you feel?“ – „ja gut, Lachen ist schön“. Sagte der „genau und eine Sache, die du noch mehr machen kannst, ist die Leute anlächeln, weil die sich dann besser fühlen und für eine Führungskraft ist das wichtig“.
Christian: Du hast einfach immer ernstgeguckt, weil du die Sache ernstgenommen hast.
Michael: Ja ich war über viele Strecken meines Lebens ein relativ ernster Typ, zumindest was das Berufliche betraf, ich habe das auch ernstgenommen, vielleicht zu ernst im Nachhinein manchmal und dann gab der mir dieses Feedback und der kam so reingeflogen wie der Drache aus der unendlichen Geschichte mit so einem riesenbreiten Grinsen, ich werde es nie vergessen, wie der Typ da auf einmal über dem Tisch vor mir hängt so 10 cm von meiner Nase und habe das seitdem beherzigt und mitgenommen, wie viel mir dieses Lächeln bringt. Die Geschichte ist fast zu Ende. An dem Abend, das war in England, in Brighton oder so, dann bin ich zurückgefahren, habe mir das alles durch den Kopf gehen lassen und auch das Feedback und „ja dann setz das doch mal um, probiere mal direkt“ und dann stieg ich abends bei der Lufthansa in den Flieger und dachte mir auf dem Weg durch diesen Gang zum Flugzeug rein „so, ich probiere das jetzt einfach mal aus, ich grinse jetzt mal alle Leute an“. Gehe in den Flieger rein, mache das bewusst übertrieben und grinse die Flugbegleiterin, die an der Tür steht, mit einem Riesenlächeln an und sage „hallooo“, total übertrieben, heutzutage fällt mir das sehr leicht, in dem Augenblick fühlte sich das für mich sehr strange an. Die guckt mich total verdutzt an, lacht auch irgendwie zurück, aber ab dann hatten wir eine sehr schöne Interaktion miteinander, da gab es noch Wein zu trinken, ich kriegte dauernd Wein nachgeschüttet und am Ende des Fluges steige ich aus und ich habe dann den Wein gelobt, der war echt total lecker, ich hatte natürlich auch einen geilen Tag, alles hätte mir nach dem Triumph geschmeckt, und hab dann „boah der Wein ist ja so lecker“ und habe immer weiter gelächelt und dann gehe ich aus dem Flieger raus, nachdem wir in Düsseldorf gelandet sind, dann gibt die mir doch tatsächlich in einer Plastiktüte eine Flasche von dem Wein.
Christian: Nur weil du gelächelt hast?
Michael: Ich führe es darauf zurück. Ich habe sonst nicht so eine Wirkung auf Menschen gehabt, ich war echt baff. Ich bin rausgegangen und habe gedacht „das kann doch nicht wahr sein“, das Einzige, was ich bewusst anders gemacht habe, war dauernd zu lächeln und es hat echt Spaß gemacht, die Interaktion war auch total nett mit der und dann kriege ich noch eine Flasche Wein geschenkt auf dem Weg nach draußen und bin wirklich total baff losgezogen und habe dann gedacht „boah, der Tony, der HR-Director, der hatte recht, das funktioniert ja wirklich“. Also nicht, dass ich den Wein wollte, aber ich habe gekriegt, was ich wollte, auch wenn ich da noch nicht wusste, dass ich das wollte. Anyway. Lächeln ist eine der sehr stark Rapport-fördernden Sachen, mit der ich Chemie aufbaue.
Christian: Okay klasse, vielen Dank für die Geschichte.
Michael: Dann bauen wir jetzt einen Cliffhanger.
Christian: Jetzt machen wir einen Eisberg-Hänger, wir hatten ja Eisberg, der Rapport ist wichtig. Wir hatten über das „wie“ gesprochen, wir hatten über das „was“ gesprochen.
Michael: Das waren die großen drei Elemente. Dann haben wir ziemlich viel vom Rapport gesprochen. Jetzt fragt sich der Zuhörer oder die Zuhörerin vielleicht gerade „was sollte das jetzt“.
Christian: Genau und das erzählen wir in einer der folgenden Episoden. Probiert doch einfach mal aus und lächelt. Lächelt einfach mal etwas mehr, schaut euch die anderen Menschen an, die mit euch kommunizieren, lächelt sie an, auch wenn es jetzt zurzeit nur über Skype oder Zoom ist, es hilft auch am Telefon zu lächeln und beobachtet mal, welches Feedback ihr darauf kriegt.
Michael: Ohja. Und dann habe ich noch was zum Mitgeben. Wir haben ja diese drei Elemente in erfolgreicher Kommunikation, der Rapport, also die Chemie, das „wie“ ich kommuniziere und „was“ ich kommuniziere und denkt schon mal drüber nach, was ist eigentlich wie wichtig? Und wenn 100 % Erfolg auf diese drei Komponenten zu verteilen ist, welchen Anteil hat Rapport, welchen Anteil hat das „wie“ und welchen Anteil hat das „was“ ich kommuniziere?
Christian: Klasse, vielen Dank Michael.
Michael: Bis später. Ciao.
Christian: Tschüss.