WOFÜR ENTSPANNT PRODUKTIVE-FÜHRUNG DIE WELT VERBESSERT
Christian: Hallo Michael.
Michael: Hey Christian, ich habe da mal eine Frage.
Christian: Oh gerne.
Michael: Also ich bin neugierig und würde gerne mehr wissen von dir wie du das machst und zwar ist der Hintergrund der Frage, zu einem world class virtuoso high performance kick ass team habe ich gehört, gehört ja auch dazu, dass ständiges Lernen und Weiterlernen sowohl der Einzelnen als auch des Teams eine wesentliche Zutat ist für so ein high performance team. Ich bin da ganz neugierig von dir zu hören, wie du das denn so machst, dich immer weiterzubilden und dass dein Team sich auch immer weiterbildet?
Christian: Ich fange mal an mit mir, weil ich da länger Erfahrung schon habe. Ich bin ja sehr optional eingestellt, das heißt ich kann sehr schnell wechseln in Arten, wie ich etwas mache und kann dann auch bei manchen Sachen dabei bleiben und bei manchen Sachen wieder nicht. Eine Sache, wo ich mir etwas beigebracht habe über Jahre war der Sportsee-Schifferschein. Das ist im Prinzip wie eine Berufsausbildung zum professionellen Skipper. Da habe ich einen Kurs besucht und nachdem ich gemerkt habe, dass ich den Kurs ohne Vorkenntnisse höchstwahrscheinlich hätte besser machen können als der Trainer, habe ich gesagt „ich lerne das jetzt selber“ und habe mich zur Prüfung angemeldet. Das funktioniert bei mir immer hervorragend. Ich melde mich einfach zu einer Prüfung an und dann lerne ich. Dann habe ich so eine Art Kosten dafür, die Prüfung dafür kostet nicht so viel, nur ich habe dann schon bezahlt und dann will ich das auch machen und an der Ecke kann ich total fleißig sein. Da setze ich mich hin und lerne das.
Michael: Das heißt du setzt da ganz konkret ein Ziel, was du messen kannst in dem Fall, wo du auch schon für bezahlst, was wahrscheinlich auch schon so eine Verpflichtung auslöst, egal wie groß oder klein der Betrag ist, weil dann will ich es ja auch haben und nicht verstreichen lassen und dann machst du dann ja?
Christian: Dann mache ich, wenn ich davon überzeugt bin, dass es mir was bringt und dass ich das lernen will.
Michael: Wie sieht das Lernen dann bei dir aus? Wie gehst du daran dich vorzubereiten auf die Prüfung und das zu erfüllen, was du dir gesetzt hast als Ziel?
Christian: Auch da gehe ich mit unterschiedlichsten Maßnahmen ran. Die Sachen, die ich mir nicht merken kann, schreibe ich ganz altertümlich auf Karteikarten, die anderen Sachen lese ich und ich übe viel. Da muss man zum Beispiel Gezeitennavigation üben, du hast eine große Karte, setzt dich hin mit Zirkel und Dreieck und Tabellen und dann wird da navigiert und das übe ich einfach. Dadurch, dass ich das will, macht mir das so viel Spaß, dass ich das einfach stundenlang machen kann.
Michael: Das sind dann so Formate, in denen dir das Spaß macht und du dann motiviert bleibst?
Christian: Ja und ich sehe auch der Wechsel ist für mich wichtig. Was ich zurzeit zum Beispiel lerne ist italienisch und ich habe da ein Wechsel zwischen „ich habe mal einen Lehrer, eine Lehrerin“, ich lese ein Buch, ich schaue mir Filme an, ich hole mir eine App, mit der ich Vokabeln lerne und ich mache immer die eine Sache so lange, bis es mir langweilig wird und dann wechsle ich durch.
Michael: Okay, alles klar.
Christian: Wie machst du das denn?
Michael: Ich habe da so eine Beobachtung für mich. Was mir letztens aufgefallen ist, auch mit dem was wir hier machen, unser ganzes „Chief of Anything“ und die ganzen Themen hier, im Nachhinein muss ich sagen, habe ich glaube ich am meisten davon gelernt, dass ich die Sachen, die ich irgendwann mal irgendwo in einem Kurs oder in einem Buch oder von anderen gelernt habe, dann selber angewendet habe und selber gelehrt habe. Vieles von dem, was wir hier machen, diese nlp-Tricks und die Sprachtechniken und so das habe ich halt in Führungskräfte-Weiterentwicklungen mitbekommen, als ich damals Teilnehmer war und war dann immer so begeistert von diesen Sachen, so dieses „der Chef war auf dem Training“-Effekt und kam dann zurück und habe dann nicht unbedingt direkt danach, aber habe diese ganzen Fundus an Methoden mir zu eigen gemacht und habe selber angefangen, da Trainings für zu geben. Habe dann auch mit meinem Team so Trainingstage organisiert und heute nehmen wir mal das Thema „so und so“, also habe Weiterbildung immer irgendwie ernstgenommen, weil ich da Bock drauf hatte. Was ich jetzt so im Nachgang, fast 15 Jahre später, feststelle, ist, dass ich irrsinnig viel davon gelernt habe, das anderen beizubringen und dann auch zu diskutieren und da in Fragen reinzugehen und zu hören, wie das bei denen aus der Praxis aussieht, Beispiele zu hören, gerne auch kontrovers zu diskutieren und mich mit dem Thema da immer wieder so auseinanderzusetzen. Bei mir ist das, was mir am meisten gebracht hat zurückblickend, anderen das beizubringen, was ich gelernt habe, also mich als Lehrer dahinzustellen, auch wenn ich mich vielleicht noch gar nicht so fit gefühlt habe in dem Thema, aber einfach schon mal das weiterzugeben, was ich schon weiß, Sachen auszuprobieren, von dem was ich gelernt habe, dann bin ich damit weitergekommen und halt mit anderen zu diskutieren und das Thema noch ein bisschen weiter zu durchdringen. Was mir nicht so viel bringt in meinem Lernen ist so dieses klassische Training. Irgendwo hinsetzen in ein Klassenzimmer und dann steht ein Lehrer vorne und doziert irgendwie, da schaffe ich irgendwie nicht länger als fünf Minuten wach und motiviert zu bleiben. Die Mischformen tun es dann wieder. Wenn viel diskutiert wird und viel im Raum passiert und dann viel Gruppenarbeiten sind und wo wir dann was machen, dann bleibe ich auch motiviert und dann finde ich auch nach wie vor so Trainings sehr gut. Das ist ein anderes Learning. Ich habe für mich gelernt, ich muss mir die Zeit dafür nehmen, wenn ich lerne. Wenn ich zum Beispiel sage „ich gehe jetzt eine Woche auf einen Kurs“, dann weiß ich, ich habe jetzt eine Woche, wo ich auf einem Kurs bin, auf einem Seminar und kann mich da einer Sache mal ganz widmen und ich erwarte aber nicht, dass ich die Learnings da mache, weil vorne einer steht und mir was erzählt, sondern weil ich dann da mit dem Thema aktiv sein kann und ausprobieren und experimentieren kann mit anderen. Das sind so die Erkenntnisse für mich bisher auf meiner Reise.
Christian: Das mit der Zeit kann ich nachvollziehen. Was ich jetzt vorhin beschrieben habe ist ja auch, dass ich Zeit mit den Themen verbringe. Immer in verschiedenen Arten und Weisen mit verschiedenen Medien, lesen, sprechen, das ist ja die Feynman-Methode, die du beschrieben hast, Richard Feynman, Physiknobelpreisträger, der gesagt hat „wenn er was lernen will, er liest es sich durch und dann versucht er es jemandem zu erklären“. Spätestens da sehe ich, was ich nicht kapiert habe.
Michael: Das ist der tolle Spruch von Einstein, auch ein Physiker, was hat der gesagt? „Wenn ich es noch nicht einfach genug erklären kann, dann habe ich es noch nicht gut genug verstanden“. Geil.
Christian: Was heißt das denn jetzt für meine Mitarbeiter? Es sollen jetzt alle meine Mitarbeiter mir die Sachen erklären, die ich schon kann, nur damit die es lernen?
Michael: Vielleicht ihren Kollegen. Bisschen schon, warum nicht?
Christian: Was mir ja immer extrem wichtig war und ist, es gibt ja so ein paar Skills und Fähigkeiten im Unternehmen, die ich für essenziell halte. Zum Beispiel mal ein Projekt managen, Mitarbeitermeetings, moderieren, Präsentationen halten, ich habe meine Mitarbeiter immer unterstützt, das selber zu lernen.
Michael: So Sachen, die die Verhaltensflexibilität ausdehnen? Ist jetzt kein fachliches Training „wie mache ich jetzt die und die Kaffeebohne besser“, sondern das sind ja Sachen, wo die Rolle gestretcht wird.
Christian: Genau und da war mein Ansatz immer, wenn es ein Mitarbeiter machen kann, soll er es auch machen. Zum Beispiel Präsentationen halten, da wurde ich angefragt für einen Vortrag auf einer Konferenz, da habe ich gesagt „ja mache ich gern und ich bringe meine Kollegin mit, die macht den zweiten Teil vom Vortrag“ und das Schöne war: Ab dem Moment brauchte ich keinen Vortrag mehr halten, weil spätestens dann hat sie es gekonnt und dann auch gemacht.
Michael: Die war dann turbomotiviert.
Christian: Ja aber hallo. Das andere Feedback, was ich gekriegt habe, Mitarbeitermeetings zu moderieren war immer Aufgabe der Mitarbeiter. Dann habe ich tatsächlich Feedback gekriegt von einem Mitarbeiter, der gesagt hat „die Meetings mit dem Kunden laufen viel leichter und sind viel einfach geworden seitdem er seine drei, sechs Monate Mitarbeitermeetings moderiert hat“.
Michael: Ja klar, weil er andere Skills aufbauen konnte. Verstehe. Ich habe mal das Feedback gekommen, ich habe schon immer gerne Workshops gemacht und moderiert und so, kein Wunder, dass ich heute nur noch als Coach arbeite und habe das früher auch immer gemacht und habe da auch immer viel selber moderiert, das sehe ich heute anders, würde ich jetzt nicht mehr so machen und irgendwann kam dann mal jemand aus meinem Team und die sagte dann zu mir „Michael, wir würden das gerne mal machen, wir würden das gerne mal selber moderieren und hätten dich gerne als Ressource hier dabei, dass du einfach als Teilnehmer hier drin bist, aber das wir hier den Prozess moderieren und die Struktur abfahren und das nicht von dir vorgegeben wird“. Das war total super Feedback für mich und das hat total meine Perspektive, mein Mindset geändert, wo ich immer dachte „ich müsste als Chef da durch den Prozess durchführen“, dann habe ich erstmal kapiert „okay, ich kann mich da auch einfach mit reinsetzen und jemand anders führt den Prozess und möchte auch die Führung übernehmen und ich kann mich da auch drauf verlassen“. Dann wurde es auf einmal viel einfacher für mich, weil ich brauchte nur noch Input geben.
Christian: Für dich ist es einfacher geworden, für den Mitarbeiter war es motivierend und vielleicht sind die Meetings auch besser geworden, weil halt einfach, ich habe es ja bei mir gemerkt, ich habe dann immer meinen Stiefel gemacht und sobald jemand anderes das mal übernommen hat, war auch plötzlich Raum für Verbesserung da.
Michael: Ich habe dadurch gelernt, dass ich eine Sache, auch wenn ich sie gut kann, absolut auch an jemand anders delegieren kann, was ich für eine Kernkompetenz von mir gehalten habe, konnte ich trotzdem abgeben. War super.
Christian: Dann wird ja die Kernkompetenz eine andere, die Kernkompetenz wird dann „abgeben“.
Michael: Genau. Da bin ich voll dabei. Delegieren, abgeben, das habe ich wohl aufbauen müssen, das ist mir nicht so leicht gefallen. Bei vielen Sachen war ich dann eher der Kontrollfreak, der selber mit drin sein wollte und habe das über die Jahre erst gelernt, dass Abgeben viel besser ist.
Christian: Jetzt haben wir über adult learning, das Lernen von Erwachsenen gesprochen. Wie kann ich das denn über die Einzelführungstätigkeit, die ich gerade beschrieben habe, im Unternehmen implementieren? Sind Workshops da der richtige Weg? Ist das ein Teil von dem? Ist E-Learning der richtige Punkt?
Michael: Ich würde es immer wieder zurückführen auf diese drei Elemente, die im adult learning, im Erwachsenenlernen so gut funktionieren. Interessanterweise sind das alles die Bereiche, die eher kinästhetischer Natur sind, wo der Lernende eine körperliche Erfahrung macht. Wenn ich mich jetzt vorne als Trainer hinstelle und lehre, dann mache ich eine körperliche Erfahrung. Ich höre dann nicht nur was, ich sehe dann nicht nur was, sondern ich muss das mit meinem ganzen Dasein ausfüllen. Wenn ich etwas ausprobiere, ist das auch eine Erfahrung, weil ich was ausprobiere und auch dafür gerade stehe und wenn ich mit anderen diskutiere, auch kontrovers, dann stecke ich da auch emotional drin. Während hier Buchlesen, im Klassenzimmer sitzen oder irgendwie ein Tutorial-Video mir angucken, das ist halt einfach eher rein visuell und nicht kinästhetisch, ist keine körperliche Erfahrung. Wo ich drauf achte beim Weiterlernen ist, dass es ausgeglichen ist. Ich kann natürlich diese anderen Sachen nicht gleich ausschließen. Bücher sind immer noch eine tolle Sache, an einem Training teilnehmen ist immer noch eine tolle Sache, Videos angucken auf YouTube ist natürlich ein gigantischer Fundus, wo ich irre viel von mitnehmen kann und am besten oder am größten ist der Lernerfolg unterm Strich, wenn ich das dann kombiniere mit Diskussion mit anderen, mit Ausprobieren und Experimentieren, einfach machen und mit selber lehren. Wenn jetzt jemand sich in ein neues Thema reinarbeitet, derjenige kann ja gerne auch mit YouTube anfangen oder vielleicht auch ein Kurs besuchen und dann würden wir sagen „okay, wenn du zurückkommst, dann gibst du uns mal hier im Team ein, zwei Stunden deine Learnings weiter und bringst uns das bei, was für uns alle hier nützlich ist“. Würde ich direkt einen Lehrauftrag vorneweg mit verbinden. Einmal bin ich auch neugierig und möchte selber immer weiter lernen und wünsche mir das natürlich auch vom Team und zum anderen weiß ich, dass ich damit der Person, die zurückkommt vom Training auch helfe, das Gelernte wiederum zu verstärken und noch besser darin zu werden, also win-win. Haben wir alle was gelernt.
Christian: Was ich gerade echt spannend fand als du erzählt hast über das Kinästhetische, ich habe ja vorhin erzählt, dass ich für den Sportsee-Schifferschein gelernt habe. Wenn ich Sachen da gelesen habe, die habe ich kinästhetisch erlebt. Ich kann es tatsächlich wohl schaffen bei den Sachen, die mich wirklich interessieren, mit allen Sinnen assoziiert diese Sachen zu lesen und selber zu üben. Ist mir gerade erst aufgefallen, find ich sehr spannend, was für mich wahrscheinlich nur funktioniert, wenn es mich wirklich interessiert.
Michael: Ich muss gerade an eine Geschichte denken. Es gibt eine Geschichte von einem kriegsgefangenen Käpt’n der US Army aus dem Vietnamkrieg oder so, die Geschichte ist jedenfalls: Der war sehr viele Jahre in Gefangenschaft und der war Golfer und war in einer kleinen Zelle eingesperrt, der hat sich aber jeden Tag mental vorgestellt er würde auf einem bestimmten Golfplatz eine Runde Golf spielen. Dann hat er die Schläge gemacht und hat sich das alles vorgestellt und dann kam der irgendwann nach acht, neun Jahren Gefangenschaft zurück und hat dann Golf gespielt und hatte dann ein wesentlich besseres Handycap als vorher, weil er sich das vorgestellt hat und durchgespielt hat und selbst die körperliche Struktur, die Muskeln und so weiter waren da mitgewachsen und dann hat der bessere Reflexe als vorher gehabt. Mind over matter.
Christian: Das hört man ja auch von Skifahrern oder ich war in einem Vortrag von Walter Röhrl, dem Rennfahrer und der hat das genauso gemacht. Während die anderen abends gefeiert haben, saß der in seinem Zimmer und ist die Strecken nochmal entlang gefahren im Kopf. Er hat es assoziiert, kinästhetisch, er hat es gesehen, höchstwahrscheinlich hat er auch das Innere von dem Auto gerochen.
Michael: Ich habe das wenn ich Klavier spiele und mir so ein Stück reinziehe, was ich richtig können will, dann komme ich irgendwann an einen Punkt, wo ich anfange, egal wo ich bin, ich bin so besessen davon, dass ich mir anfange vorzustellen, wie ich dieses Stück spiele, wo die bestimmten Stellen sind, wo ich drauf achten muss, dass die Finger die richtige Tasten treffen und irgendwann geht das in einem mentalen Spiel weiter. Gibt es ja ein tolles Buch zu „inner game of tennis“ auch ein berühmter Coach, so ein Mental-Typ, der darin beschreibt wie ich Tennis eigentlich mental gewinne zusätzlich zu physisch.
Christian: Wäre jetzt mal spannend ob ich Tennis lernen kann nur durchs Nachdenken.
Michael: Du dann mal los.
Christian: Ich probiere das mal aus, wir sehen uns nächstes Jahr in Wimbledon.
Michael: Ich spiele mich dann schon mal warm.
Christian: Ciao Michael.
Michael: Tschüss Christian.