WOFÜR ENTSPANNT PRODUKTIVE-FÜHRUNG DIE WELT VERBESSERT
Christian: Hallo Michael.
Michael: Christian.
Christian: Michael, wir gehen ja immer die großen Themen des Lebens in einfacher und trotzdem kompetenter und unterhaltsamer Form an. Was ist eigentlich Strategie?
Michael: Was ist eigentlich Strategie?
Christian: Oder was ist Strategie?
Michael: Wie kann ich dir bei der Frage am besten helfen?
Christian: Strategie kann ich ja von verschiedenen Seiten beleuchten. Ich kann mir überlegen „was sind die Strategien in meinem Unternehmen?“. Ich kann mir überlegen „was sind die Strategien, die ich in meinem Leben umsetze?“. Ich kann mir überlegen „welche Strategien sind für mich selber sinnvoll?“. Und dann ist die Frage: Wie komme ich darauf, was meine Strategien sind?
Michael: „Was ist denn eigentlich Strategie“ war deine anfängliche Frage. Jetzt frage ich mich noch mehr was es ist.
Christian: Früher konnte ich mir das nie merken, was der Unterschied zwischen „vision, mission, strategies, purpose“ ist und erst seit wir zusammenarbeiten, wird mir das von Tag zu Tag klarer.
Michael: Für mich ist das so ein total faszinierendes Wort „Strategie“. Ich hatte da früher irren Respekt vor. Ich habe bei Strategie an die smarten Berater von McKinsey gedacht oder so militärische Strategen, die super Brains und so und hatte da einen gewissen Respekt vor und auch ein Interesse. Ich fand dieses Wort faszinierend. Als ich dann irgendwann mal im Wörterbuch nachgeguckt habe, was „Strategie“ eigentlich ist, da steht denn irgendwie so was „das ist ein Plan, der dazu dient, ein Ziel zu erreichen“.
Christian: Ein strategischer Plan.
Michael: Dann ist halt irgendwie viel passiert und dann kam ich irgendwann hin und hab dieses Modell kennengelernt mit den drei Kreisen und dem Herz „purpose, vision, values, strategies“ als das große Rahmenwerk, mit dem ich eine Firma führen kann. Da ist mir eigentlich das erste Mal klargeworden, dass Strategie ja eigentlich nur das ist, was wir tun.
Christian: Also Strategie hört sich deswegen so groß an, weil es halt oft nicht definiert ist, um was es geht. Die eigentliche Frage ist „was meinst du genau, wenn du Strategie sagst?“. Dann würden wir erkennen, dass wir eine Strategie haben im Unternehmen. Was ändert sich dadurch, dass wir eine Strategie haben?
Michael: Anders formuliert: Wir haben ja von purpose, vision und values ausführlich gesprochen. Wenn ich also diese Vision definiert habe, wo wir hinwollen, dann ist das das Ziel, dann ist meine Strategie ja im Grunde nichts anderes als der Plan, wie ich dahinkomme.
Christian: Also die next steps.
Michael: Das wäre so die Feinheit, wo ich auf den nächsten Level gehen kann, weil die Vision ist ja eher weiter raus, was in drei oder fünf Jahren oder sogar noch weiter ist und wo ich mir nicht sicher bin, ob ich es erreichen kann. Die Definition, die wir ja benutzen ist „Vision ist wo wir hingelangen, wenn alles mega geil läuft“. Strategie für mich ist, was kann ich jetzt in der nächsten Zeit machen, 6-12 Monate ist mein Lieblingszeitraum dafür, von dem ich weiß, dass ich das machen kann und von dem ich weiß, dass ich das, was ich mir in diesen Schritten vornehme, auch wirklich erreichen werde, mit einem konkreten Ziel, was smart, realistisch, planbar ist, wo ich vielleicht noch ein paar Unwägbarkeiten habe und wo ich im großen Ganzen schon weiß „das sind die großen Dinge, die nehme ich mir jetzt vor und die mache ich jetzt“. Das ist für mich heutzutage Strategie.
Christian: Und auf einem kleineren Zeithorizont wäre dann praktisch „dafür machen wir ein Projekt, um Teile dieser Strategie zu erreichen“ und dafür gibt es Aufgaben mit „wer macht was bis wann“ und raci, mit accountabilities, da fängt dann so das kleinteiligere Management an.
Michael: Ja genau. Für Strategie so auf dem Level, wie du es gerade beschrieben hast, ist mein schönes Gleichnis dafür, was ich auch gerne in Workshops benutze und zwar egal, ob es sich um Privates oder um die Firma geht: Stelle dir vor, du bist auf einer Silvesterparty und hast gerade so ein nettes Silvester-Pläuschen mit einem guten Freund, vielleicht ein Unternehmer-Freund oder ein privater Freund und der fragt dich dann „wie ist denn dein Jahr so gelaufen Christian?“ und dann sagst du „das war ein geiles Jahr, ich bin meinem großen Ziel ein ganzes Stück näher gekommen und die folgenden Sachen habe ich im letzten Jahr erreicht“ und dann zählst du auf „ich habe das und das gemacht“, so vier, fünf Sachen, die großen Brocken, die du im letzten Jahr erreicht hast. Das ist für mich, was die vier, fünf Strategien sind. Ich nutze auch Strategie lieber als aufzählbaren Begriff und nicht als „das ist unsere Strategie“, das klingt so undefiniert für mich, ich mag es ein bisschen spezifischer, ein bisschen konkreter. Meine Strategien für das nächste Jahr sind „1, 2, 3, 4, 5“, alle smart formuliert.
Christian: Das heißt dieses Bild, was du ja gerne malst mit dem Herzen und den drei Kreisen, das ist das strategische Modell, das gibt die gesamte Unternehmensstrategie modelhaft wieder und die einzelnen Strategien sind die Sachen, die halt jetzt passieren.
Michael: Das Großmodell, wir benutzen ja diesen schönen Satz „this is how we are gonna run this company, das ist wie wir die Firma führen“. Das ist das Führungsmodell um die Firma durch das Universum, durch das Leben zu bewegen und das beinhaltet den tieferen Zweck, warum es die Firma gibt, das beinhaltet die große Vision, wo wir hinwollen und es beinhaltet unsere Werte, die unsere Verhaltensweisen regulieren und dann halt die nächsten Strategien, was wir so in nächster Zeit an großen Sachen umsetzen werden. Das Ganze ist das Führungsmodell und das beinhaltet die großen strategischen Bereiche, die wir gerade bearbeiten.
Christian: Was ich jetzt spannend finde: Wir hatten ja bei der Vision das Thema mit der Sterbebett-Perspektive.
Michael: Um festzustellen, wie das Gefühl ist, wenn ich total zufrieden die Welt eines Tages verlasse…
Christian: Jetzt sind die Strategien, die Silvester-Perspektive sozusagen, auf einem kürzeren Bild. Auf der langen Lebensperspektive könnte ich sagen „ich habe diese Vision erreicht, ich habe meinen purpose gelebt“ und von Jahr zu Jahr silvestermäßig oder auch quartalsweise, würde ich auf die kürzerfristigen Sachen gehen und das sind die Strategien. Wir haben ja bei den Visionen schöne Beispiele gehabt für Unternehmen. Was ist denn eine typische Strategie, die ein Unternehmen haben kann oder die viele Unternehmen haben, weil es durchaus sinnvoll ist, solche Sachen zu machen.
Michael: Eine typische Strategie für ein Unternehmen, die beinhaltet für mich ein spezifisches Thema, was umgesetzt wird mit ein bis zwei konkreten Messgrößen, an denen ich dann nachher erkennen kann, dass ich das erreicht habe. Ein Beispiel wäre „wir bauen im nächsten Jahr unser Sales-Team aus und haben bis zum 31. August drei neue Mitarbeiter eingestellt und geschult und erzielen bis zum 31. Dezember mit diesen neuen Mitarbeitern ein zusätzliches Umsatzvolumen von 120.000 EUR“. Das wäre ein Beispiel für eine Strategie im Bereich Sales.
Christian: Oder wir haben im nächsten Jahr eine Finanzierungsrunde gemacht im Volumen von 5 Mio. EUR und das ist abgeschlossen bis 31.10.
Michael: Oder eine Strategie könnte sein „bis 31. März definieren wir unsere Markenpositionierung und relaunchen unsere Marke bis zum 31. Juli mit den Kanälen Webseite, LinkedIn, Facebook und E-Mail-Newsverteiler und bekommen mit diesen Aktionen bis zum Jahresende eine Kundenzufriedenheit mps größer 70 % hin“. Ist jetzt vielleicht ein bisschen konstruiert mit der Kundenzufriedenheit, aber eine Markenbekanntheit von so und so viel Prozent, das wäre besser.
Christian: Das klingt ja jetzt nicht hochtrabend.
Michael: Nein, das klingt einfach. Müssen wir es nur noch machen.
Christian: In den Workshops sehen wir ja, wenn wir anfangen mit „purpose, vision, values“ und sagen „das ist das langfristige Ziel und was machen wir jetzt in den nächsten ein, zwei Jahren“, dann ist es relativ klar, was passieren muss.
Michael: Das ist für mich ein Riesen-Learning gewesen. Ich habe früher strategische Planung so gemacht, dass wir uns im Thema überlegt haben, was machen wir denn jetzt. Dann gab es Diskussion über Tage und Wochen und das war dann oft sehr zäh und schwierig, sich auf diese Strategien zu einigen. Seit ich das Modell kenne und nutze, erst über purpose, vision und values zu sprechen und da mal ein Tag mit zu verbringen und so den Nordstern klarzumachen, dann ist das Geile, was danach passiert, dass dann die vier, fünf, sechs Strategie zu beschließen, allen Teams sehr leicht fällt, mit denen ich arbeite. Das ist nachher die einfachste Geschichte. Wenn purpose, vision, values klar ist, dann schreiben die das nachher einfach so runter. Dann dauert das zwei Stunden und dann steht auf einmal eine Jahresstrategie da, alle gucken sich an mit einem breiten Grinsen, freuen sich und sagen „geil, dann mal los“.
Christian: Ist ja eigentlich auch klar. Wenn ich weiß, wo ich hinwill und warum ich da hinwill, sind die nächsten Schritte viel einfacher zu entscheiden als wenn ich keine Ahnung habe, was ich machen will.
Michael: Im Rückspiegel sieht alles ganz easy aus.
Christian: Wie heißt der Song? „I don’t know what I what, but I know how to get it“. Wenn ich nicht weiß, was ich will und genau weiß, was ich mache, das bringt nicht viel.
Michael: „Move your mind and your body will follow“. „Once I have made up my mind“ und ich weiß, was ich dann will, ist auch ziemlich klar, dass ich mir überlegen kann, wie ich dahinkomme.
Christian: Das heißt die Zeit, die ich mit dem Team und dem Unternehmen und den Mitarbeitern investiere in das Nachdenken über die Vision und den purpose, ist bestens investiert oder?
Michael: Unbezahlbar. Das spart so viel Zeit und bringt so viel alignment und power und Ausrichtung und Schub rein in eine Organisation. Der Tag ist bestimmt der bestinvestierteste Tag des Unternehmerlebens.
Christian: Jetzt habe ich das alles definiert und jetzt will ich die Strategien aus dem Team herauskitzeln. Meine Mitarbeiter wissen ja am besten, was wir tun müssen in Zukunft.
Michael: Ja das ist auch toll. Das habe ich oft, da geht es sich darum „wer nimmt denn an dem Strategieworkshop teil“ – „das machen wir aber im kleinen Kreis“. Es gibt so eine ideale Größe, sieben +/- zwei ist gut, 10-12 geht vielleicht auch noch. Wenn manchmal ein, zwei, drei Leute Gründer und Chefs sind und das vielleicht mit sich im kleinen Kreis oder sogar alleine ausgemacht haben, ist dann so ein gefühlter Kontrollverlust im Vorhinein, der im Nachhinein komplett verpufft. Wenn ich einmal anfange, das Team darein zu holen und das Team mitzunehmen, erstens hat das Team, das Kollektiv, eine viel bessere Vorstellung von all diesen Sachen. Die Diskussion, die dabei entsteht in so Workshops, die ist das Wertvolle, weil sich die Leute darüber klarwerden, wo alle sind und am Ende finden sie sich immer auf einem Punkt und wenn es am Ende Reibungsthemen gibt, dann ist zumindest klar, welches das Reibungsthema ist, was geklärt werden muss, damit es strategisch sauber weitergehen kann. Wenn nachher die Strategien kommen, weiß halt jeder, wofür. „Start with why“. Jeder weiß, wofür wir das machen. Für diesen purpose, um diesen Ziel zu erreichen und um unsere Werte zu leben und das machen wir jetzt natürlich. Das ist überhaupt keine Frage mehr. Dann gehen die als Führungsteam ins Unternehmen und tragen das auch mit voller Überzeugung rein, anstatt es diese Diskussion darüber gibt, „das Management hat uns diese Strategien vorgegeben, sie werden sich wohl was dabei gedacht haben“.
Christian: Wie mache ich das denn? Mein Lieblingsansatz ist ich sage dann am zweiten Tag „okay, wir wollen dahin, warum wollen wir dahin ist klar, wie arbeiten wir zusammen, die values sind klar. Welche Kompetenzen und Strukturen müssen wir denn aufbauen innerhalb vom nächsten Jahr, damit wir diese Vision erreichen?“. Das hat mir immer sehr viel geholfen, weil dann weiß ich plötzlich „wir brauchen eine Struktur, wie wir Investitionsrunden machen, wir brauchen eine Struktur, wie wir Vertrieb machen, wie wir Sales machen“. Mit diese Frage hat das bei mir immer sehr gut funktioniert.
Michael: Sehe ich genauso. Es gibt ja diesen tollen Spruch „structure follows strategy“, hier von deinem guten Freund Peter Drucker. Der hat ja auch gesagt „culture eats strategy for breakfast“. Da sind wir in den großen Reihenfolgen, wenn man ihm glaubt, und ich tue das mal, dann sagt der ja „erstmal die Kultur klären, das machen wir mit purpose und values und auch ein bisschen mit vision“. Wenn ich die Kultur stabil habe, dann überlege ich mir als Zweites „was ist jetzt die Strategie zum Erreichen der Vision?“, die drei, vier, fünf großen Sachen, die wir machen werden und wenn ich die Strategie klar habe, dann stelle ich mir die Frage „wie sieht jetzt die Struktur aus, die diese Strategien umsetzen wird“. Wenn ich die Struktur klar habe, überlege ich mir, wen aus welchem Team setze ich in welchen Teil der Struktur und wo muss ich vielleicht noch Leute dazu holen als Mitarbeiter oder als Partner oder als Zulieferer von außen, um die Struktur dann weiter aufzufüllen. „Culture, then strategy, then structure“.
Christian: Ganz spannend, weil letztlich fast jedes strategische Projekt wird dadurch zum Strukturprojekt. Es geht nicht darum zu sagen „wir machen jetzt besser Sales“, das ist nicht die Strategie, sondern die Strategie wird sein „wir bauen eine Sales-Struktur“ auf, die schlagkräftig ist und die folgende Ziele erreichen kann.
Michael: Das ist dann schön bei diesen Strategien, das impliziert das so von alleine. Wenn ich die großen drei, vier, fünf Handlungsfelder mir überlege, wo ich Silvester dann sage „geil, das haben wir alles geschafft“, die implizieren schon, was strukturell passiert. Genau wie du sagtest. Für ein Sales-Team brauche ich vielleicht einen Head of Sales, schon habe ich da strukturelle Implikationen daraus gezogen. Wenn wir sagen „wir machen jetzt im Marketing mehr und ziehen eine neue Marke auf und gehen in die und die Kanäle“, dann werde ich wahrscheinlich strukturell auch Leute brauchen in diesen Rollen.
Christian: Ja spannend. Die Frage am Anfang war „was ist Strategie?“.
Michael: Die großen Sachen die wir machen, um das Ziel zu erreichen und unseren Zweck zu erfüllen im Einklang mit unseren Werten.
Christian: Vielen Dank Michael.
Michael: Gerne tschüss.