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Christian: Hallo Michael.
Michael: Hey Christian.
Christian: So jetzt aber mal raus aus der Dusche hier.
Michael: Machen wir eine Coaching-Session?
Christian: Ja genau, Coaching-Session und du sagst ja immer gerne „raus aus der Dusche“ bei der Coaching-Session. Heißt keine frisch geduschten Coachees oder wie kann ich das verstehen?
Michael: Da fangen wir ja mittendrin an. „Get out of the shower“ ist ein total schöner Spruch aus der Coach-Ausbildung, als ich mich habe professionell zertifizieren lassen. Das Bild ist irgendwie kleben geblieben. Was damit gemeint ist mit diesem „raus aus der Dusche“, dieser Vorgang des Coachings ist ja eine sehr persönliche Sache.
Christian: Wie duschen.
Michael: Ja genau. Da geht es ja an Themen ran, die ich also jetzt vielleicht nicht so in die Öffentlichkeit trage oder mit Gott und jedermann bespreche und da ist so ein Coach schon eine ziemliche Vertrauensperson. Dieses Bild von der shower bedeutet, der Coachee, der Klient, ist in der Dusche, der ist verletzlich und nackt und den äußeren Einflüssen ausgesetzt und als Coach gehöre ich nicht mit in die Dusche rein.
Christian: Deswegen „raus aus der Dusche“.
Michael: Das heißt also der Coachee mit seinen Problemen und seinem Thema und mit dem, woran er arbeitet, der ist in der Dusche. Der gehört auch nur alleine in die Dusche und als Coach begleite ich von außen quasi das, was da vorgeht und unterstütze das. Ich darf aber nicht ins Problem reingehen. Ich darf mitfühlen als Coach, wie es dem Klienten, dem Coachee, gerade mit seinem Thema geht und auch Empathie zeigen, ich darf aber nicht reingehen und das Problem, was der hat, mitleben.
Christian: Sozusagen jetzt unter den Armen waschen.
Michael: „Das tut mir jetzt total leid und wie fürchterlich und ist ja schlimm“, also das meine ich damit. Ins Thema mit reingehen, ich darf anerkennen „das, was du gerade erlebst, fühlt sich vielleicht ziemlich schwierig an, könnte ich mir vorstellen, ich bin im Herzen bei dir. Wie kann ich dich jetzt unterstützen?“ Dann bin ich aus der Dusche und nehme aber immer noch wahr, was da drin passiert und zeige auch Empathie und drücke das auch aus, was gefühlsmäßig abgeht, aber ich gehe nicht in das Gefühl selber mit rein.
Christian: Du gehst auch nicht rein und hilfst beim Duschen?
Michael: Ne. So „heb mal den Arm“. Ne. Genau. Coachingfragen, die wir so stellen, die helfen dem Coachee dann vielleicht selber auf Ideen zu kommen, mal was anders zu probieren. Ich weiß noch nicht, ob wir in dem Bild jetzt noch allzu lang drin bleiben sollten.
Christian: Ja ich würde gerne noch in dem Bild drin bleiben, weil unter der Dusche ist ja Wasser und da gibt’s auch Fische.
Michael: Ach, sehr schön.
Christian: Wir haben ja den Coaching-Fisch auch.
Michael: Das ist auch ein schönes Konzept.
Christian: Das ist ja praktisch noch eine Möglichkeit, die ich als Coach habe, raus aus der Dusche und dann an den Fisch denken.
Michael: An welchen Fisch denkst du denn gerade?
Christian: Ja ich denke an einen Fisch, der ein spitzes Maul hat und hinten ist der Schwanz, in der Mitte ist er dick.
Michael: Wie so eine Flunder? Eine Scholle?
Christian: Chirurgen-Fisch oder so…
Michael: Ist jetzt kein Trompetenfisch oder so? Ich denke jetzt gerade an eine Scholle, wenn ich im Restaurant sitze und die liegt da vor mir auf dem Teller, schwimmt in Zitrone…Die ist ja auch sehr groß und breit in der Mitte und in den Enden sehr spitz, wo die Flosse ist. Was hat das jetzt mit Coaching zu tun?
Christian: Der Coachee fängt ja an und hat eine Herausforderung, ein Thema, was er gelöst haben will und das ist ja bei dem Coachee sehr präsent. Oftmals ist das gar nicht das Thema, um was es eigentlich geht.
Michael: Und das ist dann jetzt der Mund am Fisch?
Christian: Könnte sein. Kann man auch von hinten aufzäumen. Auf jeden Fall ist es halt punktuell. Es gibt einen Punkt. Eine Aufgabe im Coaching ist es, das Thema ein bisschen größer zu machen. Einfach mal zu sehen, welche Möglichkeiten gibt es denn noch? Vielleicht Lösungsmöglichkeiten, Betrachtungsmöglichkeiten, vielleicht Sichtwinkel.
Michael: Ich stelle mir gerade vor, am Mund ist dieser Punkt an dem es los geht…
Christian: und dann arbeitest du dich nach hinten und der Fisch wird immer dicker.
Michael: Wie so eine X-Achse an der die Zeit entlang läuft, die geht quasi wie ein Speer quer durch den Fisch durch, eher so ein Schwertfisch. Da verläuft die Zeit halt durch und das heißt im Gespräch wird das Thema weiter ausgedehnt im Sinne von es wird dramatischer und schlimmer und dicker und fetter oder?
Christian: Oder je nach Sinnespräferenz wird es jetzt klarer oder deutlicher oder einfach breiter. Einfach mal mehr Möglichkeiten. Was gibt es noch für Möglichkeiten?
Michael: Es geht darum, zu expandieren, wie ich an das Thema rangehen kann. Da hast du ja immer so einen schönen Spruch, auch mit Fischen, wobei die sind ja gar keine Fische, sind ja Säugetiere.
Christian: Achso mit den Walen. Die sind ja auch in der Mitte dick. Acht Wale sind besser als weniger Wale.
Michael: Das heißt für mich im Coachinggespräch, ich fange am Anfang an, dann kommt irgendwie ein Thema, dahinter steht vielleicht ein anderes Thema und dann arbeiten wir uns dadurch und stellen als Coaches geschickte Fragen, die dann beim Coachee auslösen, dass der sich mindestens acht Alternativen überlegt, wie er mit dem Thema noch umgehen kann, was dann vielleicht am Ende das Ergebnis bringt, was er will und nicht das, was er bisher erreicht hat.
Christian: Genau. Das erste Thema, das Thema was am Mund zuerst rauskommt, ist ja vielleicht das Thema, was er oder sie sich auch überlegt hat, wo sie gedacht hat „ich sage es jetzt mal dem Michael und dann wird es vielleicht eine leichte Coaching-Session, weil dann sind wir relativ schnell fertig“. Meistens sind die Themen, die am Anfang kommen, sind gar nicht die entscheidenden.
Michael: Das habe ich im Englischen gelernt, da hieß der Spruch in der Ausbildung „the presenting problem never is the real problem“. Das Problem, das sich am Anfang präsentiert, ist nie das wirkliche Problem. Hast du ein Beispiel dazu, was du mal erlebt hast?
Christian: Machen wir mal ein normales Chef-Beispiel.
Michael: Ich habe zu viel zu tun, ich habe 100 Millionen Sachen, ich weiß nicht wo mir der Kopf steht, ich kriege die Arbeit nicht geschafft. Das könnte so ein Problem sein.
Christian: Bitte gib mir doch mal ein Tool mit dem ich das lösen kann.
Michael: Genau, herrlich, warte, da habe ich Pillen für.
Christian: Und dann gibst du ein Tool, es gibt tolle Tools dafür, Bücher lernen, „getting things done“, ich kann 2x2-Matrizen malen und Sachen irgendwie priorisieren und oftmals ist das gar nicht das zugrundeliegende Thema. Was könnte denn ein zugrundeliegendes Thema sein?
Michael: Dass ich nicht „nein“ sagen kann.
Christian: Ja.
Michael: Was noch?
Christian: Ich habe die falschen Leute eingestellt. Vielleicht ist auch mein Geschäftsmodell einfach nicht das Richtige. Vielleicht kann ich mich nicht konzentrieren, lasse mich zu leicht ablenken, sitze den ganzen Tag auf Twitter rum.
Michael: Vielleicht habe ich ein Problem damit Kontrolle abzugeben oder dass ich meine, ich mache alles besser als alle anderen. Okay. Das sind ja sehr schöne Beispiele für presenting a problem. Ich kriege die Arbeit nicht geschafft, real problem. Kommt dann so im Gespräch vielleicht raus. Und dann gehen wir in die Optionen rein und machen den Fisch dann dick in der Mitte, packen da die ganzen acht Wahl-Möglichkeiten rein oder auch mehr und dann wird der Fisch am Ende wieder kleiner?
Christian: Ja dann, wenn ich einmal mehr Möglichkeiten sehe, mit denen ich mein Thema angehen kann, dann kann ich wieder anfangen zu reduzieren und zu sagen „okay, ich gehe das Thema vielleicht zuerst an, das Thema als Zweites“.
Michael: Beobachtest du das auch in deinen Coaching-Sessions, ist bei mir sehr oft so, wenn wir einmal an diesem dicken Punkt in der Mitte des Gesprächs sind und die ganzen Optionen mal da raus sind und ich dann x-mal die Frage gestellt habe „wie könntest du es noch lösen und wie noch“, mein Gegenüber denkt dann manchmal, dass ich auf irgendwas Spezielles warte, tue ich aber gar nicht, weil ich weiß die Antwort ja auch nicht und dass danach, wenn die Optionen dann einmal alle ausgesprochen wurden, wir wiederholen die dann auch nochmal 1-2 Mal um eine Übersicht zu spüren, dass dann der Coachee, der Klient, ziemlich schnell ein Gefühl dafür hat, was er jetzt davon machen will.
Christian: Ja. Ist erstaunlich.
Michael: Ja ist krass.
Christian: Manchmal passiert das auch schon wenn wir noch auf dem aufsteigenden Ast sind, Variante sechs oder sieben, ich frage immer weiter „was gibt es noch für Möglichkeiten, du hast schon sieben Möglichkeiten, was wäre noch die achte?“. Oftmals erkenne ich die Klarheit in dem Gegenüber irgendwann. „Oh ja, jetzt habe ich es“.
Michael: Okay. Jetzt haben wir gesprochen von einmal hier „raus aus der Dusche“, ich darf nicht im Problem mit drin sein, darf Empathie zeigen, aber nicht mit reingehen in die Gefühle. Die zweite Sache, dieser Fisch, der mit dem Thema am Anfang anfängt und manchmal ist ein anderes Thema direkt dahinter und dann wird es dann im Gespräch breiter gemacht und mehr Lösungsmöglichkeiten exploriert, sieben +/- zwei ist eine schöne Faustregel für die Anzahl an Optionen, mit dem Thema umzugehen und dann nimmt der Fisch nach hinten wieder zu und dann kommt ganz am Ende des Gesprächs die Entscheidung des Coachees, was er jetzt machen will und wofür er sich entscheidet. Und ich als Coach dann die höfliche Frage stelle „möchtest du, dass ich da nächstes Mal nachfrage, wie es gelaufen ist oder lieber nicht?“ Meistens sagt er „ja“ und dann knüpft man da im nächsten Gespräch an. Was ist denn noch wichtig für ein erfolgreiches Coaching?
Christian: Vielleicht der Unterschied zwischen Coach, Berater und Mentor?
Michael: Consultant, Coach oder Mentor. Coach ist doch eigentlich alles oder?
Christian: Ja klar. Was wir ja gerade beschrieben haben in dem Coaching-Fisch ist, dass ich als Coach meinem Gegenüber beim Denken helfe. Die Zeit zu geben und da sehe ich auch einen ganz großen Mehrwert im Coaching, dass mein Gegenüber plötzlich mal die Zeit hat, eine Stunde lang nachzudenken in Ruhe.
Michael: Da müssen wir wohl dazu sagen, jetzt reden wir vom professionellen Coaching. Coaching im eigentlichen Sinne und jetzt nicht hier Coaching, „ich bin der Coach vom Fußballklub oder ich bin der Coach, der als Trainer mit einer Gruppe etwas macht in einem Workshop oder so“. Coach wird ja für vieles benutzt.
Christian: Da bin ich ja dann eher Trainer.
Michael: Im Englischen ist es das gleiche Wort. Das ist ja sehr fließend, wie das Wort „Coach“ genutzt wird. Wovon wir jetzt gerade sprechen ist halt pures Coaching, der richtige reine Coachingansatz, für den man sich ausbilden lässt, viel lernt, zertifiziert, und und und. Wo dann all diese Sachen gelten, den Coachee beim Denken unterstützen oder ich würde sogar sagen Prozesse und Fragen einfach mitgeben, die zu anderem Denken verhelfen können, auch ein bisschen challengen. Darf ich ja dann auch, wenn der Coachee es mir erlaubt. Ich frage immer um Erlaubnis, was ich machen darf in den Sessions. Der Unterschied: Mentoring, Consultant oder Coach. Reines Coaching ist beim Denken unterstützen, ist eine sehr mentale Arbeit. Und was ist Mentoring?
Christian: Da hast du doch neulich mal so ein großes Paper zu geschrieben.
Michael: Habe ich tatsächlich mal.
Christian: An der Ecke als Coach kenne ich ja die Lösung nicht im besten Fall. Es ist vielleicht sogar eher hinderlich wenn ich Lösungen kenne zu dem Thema, weil ich dann sage „da an der Ecke solltest du auf jeden Fall das machen“. Als Mentor kenne ich Lösungen, weil ich erfahren bin. Oder? Sodass ich als Mentor eher an Stellen helfe, wo ich Erfahrung habe.
Michael: Ist zumindest das, was erwartet wird. Ich hatte einige Mentoren in meinem Leben, die haben mir auch alle sehr geholfen, ich muss wohl sagen, dass ich immer mit allen nur sehr punktuell Kontakt hatte, relativ wenige Male im Jahr. Dafür waren es immer sehr geile Gespräche aber das waren mehr so Gespräche auf Augenhöhe und der andere war halt immer irgendwie 10, 15, 20, 30 Jahre weiter im Leben und in der Karriere und es hat mir total geholfen, dass die einfach eine andere Perspektive auf die Dinge gehabt haben. Die hatten manchmal einen Tipp, manchmal haben sie auch ganz klar gesagt „musst du so und so machen“. Was ein Coach nie machen würde. Das war für mich immer ganz toll und von denen hätte ich mir auch nicht gewünscht, dass die wirklich ein Coachinggespräch mit mir führen. Ganz andere Sache.
Christian: Wenn die gefragt hätten „okay, jetzt haben wir sieben Wahlmöglichkeiten, welche hast du denn noch?“ – „hallo, geht’s noch?“.
Michael: Auf das Paper, was ich da geschrieben habe, gibt es eine sehr wichtige Lektion für mich mitgenommen und das ist diese Geschichte, wo der Begriff „Mentor“ ursprünglich herkommt, das ist aus einer griechischen Sage und da gab es dann irgendwie den Sohn von einem König und der König musste lange weg und der Sohn musste dann die Amtsgeschäfte des Vaters führen und da hat der Vater ihm einen Mentor beiseite gestellt, daher kam der Name. Das Krasse ist nur, die Sache ist schief gegangen. Beziehungsweise sie wäre schief gegangen, wenn da nicht noch eine Göttin im Spiel gewesen wäre, die durch ihre göttliche Eingabe das Ganze so gelenkt hat, dass es am Ende noch gut gegangen ist. Dieser Mentor wusste dann nur durch göttliche Eingabe, was waren eigentlich die Lösungen, die er sich so ausdachte, keine geeigneten Lösungen für seinen Menti. Meine conclusion war halt daraus „Coaching ist ein mega geiler Prozess, der mir hilft Sachen anders zu betrachten und dadurch kann ich zu neuen, besseren, schöneren Lösungen kommen oder überhaupt mal zu einer Lösung“. Beim Mentoring muss ich immer als Menti selber aufpassen, dass der andere mir natürlich aus guter Absicht und aus seiner Erfahrung erzählt, wie er es gemacht hat, aber ob das dann für mich dann genau die richtige Lösung ist, da ist immer noch meine eigene Kritik gefragt.
Christian: Es ist ja dann auch oft schon Jahrzehnte her. „Damals in den 80er Jahren…“
Michael: Ich hatte einen Mentor, der war 75, da war ich 35. Sehr nette Gespräche, die waren natürlich vom technischen Businessinhalt auf einem ganz anderen Level. Da ging es eigentlich nur drum „macht die Firma jetzt Geld oder nicht“. Okay, was könnt ihr jetzt noch machen, damit sie Geld macht?
Christian: Dann gibt es jetzt noch den dritten Fisch, den Consultant, der Berater, was macht der denn? Der kommt rein und sagt „so machen wir es jetzt?“.
Michael: Deswegen benutze ich auch lieber das Wort „Consultant“, das ist nicht so besetzt wie das Wort „Berater, da kommt jemand mit einem guten Rat“. Ein bisschen wie ein Mentor eigentlich. Der Unterschied vom Consultant zum Mentor ist, dass der Consultant dann auch macht. Ein Consultant ist jemand, den hole ich mir temporär rein, der arbeitet eine Weile mit, der sitzt vielleicht sogar mit einem Team zusammen, der kann sich vielleicht sogar fast wie ein Mitarbeiter anfühlen, aber der ist nicht bei mir auf der pay roll und der ist auch nur temporär da und der hat ein Skill, was ich nur temporär brauche, was vielleicht auch einiges teurer ist als die Skills von anderen Mitarbeitern, weil er selten ist oder weil ich den auch nur phasenweise brauche, das ist für mich ein Consultant. Man macht ein Projekt, da hat der eine spezielle Expertise und der macht das für mich. Der macht. Der Mentor macht nichts. Der Coach macht eigentlich gar-gar nichts.
Christian: Er fragt und hält dann den Mund und hört zu.
Michael: Der macht nichts und der berät nicht, was macht der eigentlich? Der macht eigentlich das Geilste von allem, der hilft die psychologische Kiste oben drin aufzumachen, bei mir waren die Lösungen einfach total oft in mir, meine Probleme waren meine Probleme und nicht Probleme der Welt.
Christian: Vielen Dank Michael. Was nimmst du jetzt aus dieser Session heute mit für dich?
Michael: Klarheit.
Christian: Darf ich dich denn nächstes Mal wieder danach fragen?
Michael: Soll ich mir eine Aktion überlegen für das nächste Mal? Ne, brauche ich heute mal nicht.
Christian: Dann ciao.
Michael: Ciao.