WOFÜR ENTSPANNT PRODUKTIVE-FÜHRUNG DIE WELT VERBESSERT
Michael: Heute zum Thema „warum?“ und warum statt warum manchmal „wofür?“ viel besser sein kann.
Christian: Hallo Michael.
Michael: Hallo Christian.
Christian: Sag mal, warum kommst du eigentlich immer zu spät zu unseren Podcast-Aufnahmen?
Michael: Ja, wie?!
Christian: Ja das interessiert mich jetzt mal, warum?
Michael: Ja der Hund hat meine Hausaufgaben gefressen.
Christian: Jetzt soll ich mich um deinen Hund kümmern?!
Michael: Das Taxi kam zu spät.
Christian: Nimm halt nen Uber.
Michael: Es war nebelig heute Morgen.
Christian: Fahr halt früher los.
Michael: Die U-Bahn hatte Verspätung, es gab ein Gleisproblem. Okay, ich bin nicht früh genug losgefahren.
Christian: Also du bist schuld.
Michael: Ja klar bin ich schuld. 2020 bin ich alles schuld.
Christian: Echt? Das ist hervorragend.
Michael: Die Vereinbarung habe ich mit meiner Frau getroffen.
Christian: Dass du jetzt grundsätzlich für alles schuld bist?
Michael: Ja wir haben uns dazu entschieden, dass das Ganze mit dem „wer jetzt schuld ist“ eigentlich gar nichts bringt und deswegen auch schon letztes Jahr, 2019, haben wir Anfang des Jahres 2019 ausgemacht, dass ich alles schuld bin, weil dann ist die Schuldfrage schon mal geklärt und darüber brauchen wir uns gar nicht streiten und können dann direkt der Lösungsfindung widmen.
Christian: Können ja gleich auf die „Warum“-Frage gehen. Warum hast du die Spülmaschine nicht ausgeräumt?
Michael: Runtergehen wie Öl ist anders. Warum fragst du das? Warum fragst du dauernd „Warum“-Fragen?
Christian: Darauf möchte ich jetzt nicht antworten. Lass uns das mal genauer angucken, was da passiert. Du kommst zu spät zum Podcast und ich frage dich „warum“, das heißt ich kriege von dir irgendwelche Ausreden. Das ist jetzt das was dir als erstes einfällt und das bringt mir natürlich gar nichts. Wenn ich jetzt deine Führungskraft wäre, was soll ich machen? Soll ich mich darum kümmern, dass du ein Taxi frühzeitig bestellst, soll ich deine Uber-App einrichten, soll ich für dich die Spülmaschine ausräumen? Es wäre ein Traum. Ist vielleicht gar nicht meine Aufgabe. Das heißt, wenn ich dich „warum“ frage oder einen Mitarbeiter, kriege ich irgendwelche Antworten, mit denen ich gar nichts anfangen kann.
Michael: Ja ich bin dann direkt in der Defensive. Dann suche ich mir meine Verteidigung raus und was ich jetzt sagen kann, um diese „warum“ zu erklären. Warum ist halt eine schwierige Frage.
Christian: Was wäre denn eine bessere Frage?
Michael: Was kannst du anders machen, damit du in Zukunft immer pünktlich bist?
Christian: Dann wäre die Verantwortung gleich bei dir.
Michael: Da ist sie ja auch. Ich bin ja zu spät gekommen. Also ich bin gar nicht zu spät gekommen, um das mal klarzustellen.
Christian: Ja wir tun nur so.
Michael: Ja ich fühle mich schon so schuldig die ganze Zeit.
Christian: Warum machen sie das?!
Michael: Ich fühle mich direkt schuldig, ich habe gar nichts gemacht. Man kommt schon in Erklärungsnöte und möchte dann erklären. Dabei war ich doch pünktlich.
Christian: Wenn ich dich jetzt frage „was kannst du anders machen“, schon ein bisschen besser oder?
Michael: Ja, klar. Dann ist immer noch das Problem angesprochen und mein Fokus im Geiste richtet sich aber direkt darauf „okay, beim nächsten Mal so und so“. Die Vergangenheit fühlt sich nicht düster und schuldig und sonst was an, man fühlt sich so „beim nächsten Mal was anders machen" und es ist direkt lösungsorientiert.
Christian: Du bist ja der Experte für dich selber. Du weißt ja wie du das machst, dass du zu spät kommst.
Michael: Schön formuliert. Ich bin der Experte für mich selber, ich weiß ja wie ich das mache mit dem Zuspätkommen.
Christian: Du weißt, was du anders machen könntest, du könntest deinen Wecker früher stellen, du könntest früher aus dem Bett springen, nicht so lange duschen, schneller frühstücken, bisschen organisierter sein. Also das sind jetzt alles Vorwürfe, die natürlich nicht gelten.
Michael: Ist schon okay, dafür bin ich ja hier.
Christian: So und was wäre denn noch besser?
Michael: Was wäre noch besser? Ja am allerschönsten ist natürlich, wenn ich oder jeder von uns dann als Konsequenz von Anfang an volle Verantwortung übernimmt und alles von Anfang an so macht, dass das eintritt, was ich eigentlich haben will, dass ich mich vorher Gedanken darüber mache, was ich jetzt mache, um pünktlich zu sein.
Christian: Ja. Dann wäre die Ansage von meiner Seite eigentlich eher „Michael, komm‘ doch bitte pünktlich zum Podcast“.
Michael: Ja, das wäre dann die Ansage. Idealerweise ist die gar nicht nötig, weil ich vom Mindset idealerweise mir schon ein Mindset aufgesetzt habe, wo ich gerne und glücklicherweise akzeptiere, dass alles bei mir anfängt, dass ich die Ursache bin für alles was in meinem Leben passiert und dass ich auch absolut die Ursache bin wie in diesem Beispiel, wo ich dann halt pünktlich oder unpünktlich bin und mir das von vorneherein bewusst bin, dass ich die Ursache bin. Da gibt es noch ein tolles Konzept zu, dass wir beide sehr kennen und schätzen aus dem NLP-Katalog mit dem schönen Namen „cause and effect“.
Christian: Was bedeutet das denn?
Michael: Das wollte ich dich auch gerade fragen. Also auf Deutsch übersetzt „Ursache und Wirkung“. Also ein altes Konzept, Kant hat das schon populär gemacht vor mehreren hundert Jahren in der Philosophie. Ursache und Wirkung bedeutet halt, für alles, was in der Welt geschieht, gibt es eine Ursache, das ist die Geschichte von Kant, alter Hut. Was es für uns bedeutet beim Thema „Mindset“ ist, ich kann in meinem Mindset entweder an der Ursache sein oder an der Wirkung.
Christian: Was ist das jetzt in dem Fall „du kommst zu spät“? Die Ursache wäre, du stehst zu spät auf.
Michael: Fangen wir mal mit der Wirkung an oder? Im Englischen „cause and effect“, Deutsch „Ursache und Wirkung“. Also wenn ich bei der Wirkung bin oder „at effect“ dann sage ich „der Zug kam zu spät, das Taxi ist nicht gekommen, es war nebelig, der Hund hat meine Hausaufgaben gefressen“. Das sind alles Sachen, da bin ich in der Wirkung, sprich ich bin ausgesetzt den Wirkungen, die in der Welt passieren und setze mich nicht selber an die Ursache der Wirkung, die in meinem Leben passieren, das heißt ich bin Opfer. Ich bin in der Opferrolle und das ist eine gute Beschreibung. „To be at effect“ ist „in der Opferrolle zu sein“. Ich bin es ja nicht, die anderen waren es schuld. Die Welt ist es schuld, was um mich herum passiert ist.
Christian: Und die Alternative ist, dass du Gestalter deiner Wirklichkeit bist?
Michael: Genau, dass ich mir das so im Kopf vorstelle „ich bin die Ursache von allem, was in meinem Leben passiert“ und das ist der Gedanke „ich bin die Ursache für alles, was in meinem Leben passiert“. Das ist ein Gedanke, der hat mir total geholfen. Das fiel mir am Anfang total schwer, das so zu akzeptieren. Gibt ja viele Sachen scheinbar, wo ich nicht die Ursache bin.
Christian: Der Zug kommt zu spät. Dann bist du auch schuld.
Michael: Dann bin ich auch schuld, weil ich das nicht einkalkuliert habe, dass der Zug zu spät kommen könnte, es ist ja jetzt keine Überraschung, dass ein Zug zu spät kommt, leider. Anderes Thema. Aber selbst das kann ich einkalkulieren und dann hieße es ja pünktlich sein, dann muss ich halt einen Zug früher fahren, um die Eventualität einzuschließen, dass ein Zug zu spät kommt und wie bin ich dann immer noch pünktlich. Oder ich wähle ein anderes Verkehrsmittel oder ich reise am Abend vorher an, damit ich am nächsten Morgen erst gar nicht zu spät kommen kann, sondern zu Fuß rüber gehen kann oder so etwas.
Christian: Ist ja eigentlich noch ein ganz anderes Thema „Pufferzeiten einplanen“, was ja alles viel entspannter macht.
Michael: Ja wenn ich voll in der Ursache bin, also „at cause“, dann mache ich das halt, weil ich das halt alles mit einkalkuliere und weil ich die Ursache bin für das, was in meinem Leben passiert und niemand anderes. Da gibt’s noch einen anderen tollen Spruch zu, den lieb ich ja, den würde ich gerne im Englischen sagen und das ist der „it appears that in life you either get the results that you want or the excuses you make“. Also scheint so im Leben, dass ich entweder die Ergebnisse bekomme, die ich haben will oder die Entschuldigungen, die ich mache. Eins von beiden bekomme ich immer.
Christian: Das heißt wenn du dich darauf vorbereitest, dass der Zug zu spät kommt und das auch schon planst, dann kriegst du es auch? Law of attraction auch? Dass du Energie darauf ziehst.
Michael: Bingo, law of attraction, Ursache / Wirkung, results and excuses, das ist alles dasselbe Thema. Verantwortung übernehmen für mich selbst.
Christian: Jetzt waren wir ja argumentativ die ganze Zeit bei dir, ich habe dich ja „warum“ gefragt, warum kommst du zu spät. Es macht es mir ja auch viel einfacher, wenn ich einfach sage, dass was ich haben möchte, „ich möchte, dass du pünktlich bist“, weil wenn ich dich „warum“ frage, dann kriege ich deine Entschuldigungen und plötzlich lädst du deine Entschuldigungen, die du dir baust, lädst du ja bei mir ab. Und ich als Vorgesetzter, in unserem Fall natürlich nicht, wenn ich Manager wäre. Als Manager kriege ich die Entschuldigungen meiner Mitarbeiter und kriege dann natürlich auch diese ganzen Themen mit.
Michael: Und dann habe ich die im Kopf, dass der Hund die Hausaufgaben gefressen hat und der Zug zu spät war und es nebelig war und dass das Taxi nicht gekommen ist.
Christian: Und der Tank war leer und das Auto ist geklaut worden und das war ein Erdbeben.
Michael: Dann fängt mein Kopf an nach Lösungen zu suchen und dann fange ich an zu erklären, wie der sein Taxi pünktlich kriegen kann oder was er bei Nebel machen kann und auf einmal löse ich die Probleme aller anderen.
Christian: Ich sehe mich da schon, das hätte ich bestimmt früher mal gemacht, eine Taxi-App installieren bei meinem Mitarbeiter auf meinem Handy. „Wie geht denn das jetzt?“
Michael: Du hast ein Problem, lass es mich für dich lösen.
Christian: Genau, also da bin ich wieder hilfreich und bin einfach der tolle Hecht, der alles machen kann und es hilft tatsächlich nichts. Ich kann mir das Leben als Manager viel einfacher machen, wenn ich einfach sage, was ich haben möchte und nicht sage, was ich nicht haben möchte.
Michael: Genau. Dann bin ich auch wieder „at cause“, in der Ursache, dann löse ich das aus, was ich haben will als Ergebnis, nämlich dass die Person in meinem Team sich um den Kram von alleine kümmert und nicht ich die Probleme für sie lösen darf.
Christian: Jetzt sagen wir ja auch gerne, dass gute Manager eine gute Beziehung zu ihren Mitarbeitern aufbauen. Da gehört natürlich auch dazu, zu verstehen, wie der Mitarbeiter tickt und welche Herausforderungen er oder sie auch haben. Wie passt denn das jetzt zusammen?
Michael: Das ist schön. All das, was wir gerade gesagt haben, Verantwortung für mich selber übernehmen und jetzt sind wir an der Stelle, wo wir als Chef erwarten, dass jeder Mitarbeiter Verantwortung für sich selber übernimmt, ist auch alles richtig. Jetzt kommt dann so diese Frage der Empathie. Also ich darf natürlich immer noch mitfühlen, ich sollte auch immer noch verstehen, wo der Mensch, mit dem ich hier gerade zu tun habe, wo der gerade steht im Leben, was da vielleicht noch alles los ist in seinem Kontext und auch Mitgefühl ausdrücke, dass vielleicht gerade was los ist, wenn jemand kommt und sagt „ja, tut mir leid, ich musste morgen noch meine Mutter zum Krankenhaus fahren, die ist schwer krank und das ist dringend und ist mir wichtig“. Gut, dann drücke ich natürlich in so einem Fall Mitgefühl und Empathie aus und gehe auch da rein und bin dann auch dabei und verbalisiere das auch, „tut mir leid das zu hören, ich hoffe deiner Mutter wird es bald besser gehen“. Würde dann immer noch erwarten, dass die Verantwortung übernommen wird, natürlich in dem Kontext der Prioritäten, was für die Person gerade im Leben wichtig ist. Jetzt nicht arrogant dahinstellen und sagen „ist mir alles ganz egal, komm pünktlich“. Hilft ja auch nicht das Ergebnis zu erzielen, was ich erzielen will. Da bin ich wieder an einer anderen Ursache oder muss die Ursache wieder anders gestalten, um den Effekt zu bekommen, den ich am Ende haben will. Nämlich einen glücklichen Mitarbeiter und Ergebnisse erzielen im Unternehmen.
Christian: Da kann ich natürlich auch reagieren als Chef und sagen „pass auf, okay, normalerweise fangen wir um 09.00 Uhr an mit Podcasts aufnehmen. Wir können jetzt auch um 10.00 Uhr anfangen, weil ich weiß, dass es dir hilft. Sei bitte pünktlich um 10.00 Uhr, dass wir dann pünktlich anfangen können.“
Michael: Dann machen wir einen anderen Plan und dann sind wir auch an der Ursache und gestalten es einfach anders.
Christian: So, wir haben gesagt, „warum“ ist eine schlechte Frage. Jetzt gibt’s ja Leute, die sagen „start with why“, fang an mit „warum“ und wir sagen jetzt gerade „warum“ ist eigentlich nicht die beste Frage.
Michael: Der Simon Sinek hat schon ein Punkt. Ist ja auch tolles Buch und ein tolles Thema und das ganze purpose-Thema haben wir ja auch schon mal in einer anderen Episode besprochen und darum geht’s in dieser „why“-Frage. Also an der Stelle das „why“ zu fragen, wofür existiere ich und welchen Unterschied mache ich in der Welt oder welchen Unterschied macht meine Firma aus, das ist schon eine valide Frage. Und im Deutschen funktioniert das ganz gut, statt „warum“ einfach „wofür“ zu fragen. Oder im Englischen ist es dann statt „why“ „for what purpose“. „What is the purpose of doing…“ Dann kriegt das ein anderes Gefühl, weil dann bin ich nicht so sehr in der Schuldecke und muss mich verteidigen, sondern dann bin ich einfach in der Ecke, wo ich erkläre und kommuniziere, zu welchem Zweck das denn dient und was das Gutes bewirkt, warum ich das und das mache, also wofür, zu welchem Zweck.
Christian: Und da bin ich ja strategisch sozusagen auf der grünen Wiese, während in dem anderen Beispiel, da geht es ja um das Verhalten eines Mitarbeiters und ich frage ja nicht „wofür kommst du zu spät“, so im Sinne von „du willst mich ärgern“. Kann ja auch sein, dass es so ein Verhalten ist.
Michael: Vielleicht sollten wir den Simon Sinek mal einladen und beibringen, dass er statt „why“ „wofür“ fragen kann, dann muss er noch Deutsch lernen. Im Englischen geht das glaube ich nicht, „for what purpose“ ist ein bisschen länger dann.
Christian: Ja klasse. Vielen Dank.
Michael: Wofür?
Christian: Für den schönen Podcast.
Michael: Wie immer eine Freude.