WOFÜR ENTSPANNT PRODUKTIVE-FÜHRUNG DIE WELT VERBESSERT
Christian: Heute zum Thema „purpose“. Wofür existiert dein Unternehmen, mal abgesehen vom Geld verdienen? Hallo Michael.
Michael: Hallo Christian. Wo wir gerade in so einem schönen witzigen Ton hier sind, was ist eigentlich dein Zweck im Leben, wofür bist du auf dieser Welt?
Christian: Das ist eine ganz gute Frage, würde ich jetzt in einem Interview antworten. Habe ich tatsächlich für mich nicht so ausformuliert. Die Formulierung, die am nächsten daran kommt ist, dass ich der bestmögliche Christian bin, der ich sein kann. Wie weltbester Karlsson, der beste Christian und das bedeutet der beste Coach, der ich sein kann, der beste Familienvater und der beste Mensch.
Michael: Entschuldige, ich stelle mir dich gerade vor mit einem Propeller auf dem Kopf.
Christian: Der hat den tatsächlich auf dem Rücken.
Michael: Ja stimmt. Da wäre dann die Frage, „okay und wofür ist das gut?“
Christian: Das ist dafür gut, dass ich mein Potential auslebe und dadurch den größtmöglichen Beitrag zu einer schönen Welt, schön mit mir zusammen zu arbeiten, schön mit mir Podcasts zu machen, schön mit mir eine Familie zu haben.
Michael: Das dient dann dem Zweck, dass die Welt irgendwie schöner wird?!
Christian: Ja.
Michael: Und schöner kannst du das noch näher definieren?
Christian: Besser, angenehmer, liebenswürdiger, wohlfühlender.
Michael: Wie besser? Liebenswürdiger, wohlfühlender, was davon? Wo ist da der Hauptresonanzpunkt?
Christian: Tatsächlich liebenswürdig. Dass ich und die Menschen, die mit mir zusammenarbeiten, zusammenleben das Leben lieben und es für liebenswürdig halten.
Michael: Das klingt doch schön. Das heißt wenn du eines Tages mal in ferner Zukunft auf deinem Sterbebett liegst und auf ein erfülltes glückliches Leben dann zurückblicken wirst und dir dann der Gedanke durch den Kopf geht „bin ich froh, ich habe zu einer liebenswürdigeren Welt meinen Beitrag geleistet und jetzt kann ich in Frieden gehen“. Passt das dann für dich?
Christian: Das passt. Da würde ich sagen „danke“.
Michael: Okay, da sind wir beim Thema „purpose“ ja mittendrin.
Christian: Ach Thema „purpose“ war das.
Michael: Ja wir reden heute von „purpose“.
Christian: Was ist denn der „purpose“?
Michael: Also zu Deutsch „Zweck“. Der tiefere Zweck. Jetzt haben wir das gerade im Persönlichen gemacht, was schon mal sehr hilft in Coachingsituationen hilft das Coaches, Klienten sehr, sich auf das zu besinnen, was für sie wirklich am wichtigsten ist. Deswegen immer dieses „frame-up“ mit dem „stell dir vor du bist an deinem Todestag angekommen in ferner Zukunft, natürlich und blickst auf dein Leben zurück und was ist da die eine Sache, wo du denkst „bin ich froh, dass ich das gemacht habe““.
Christian: Was ich ja da erstaunlich finde, ich brauche da gar nicht diese Sterbebett-Perspektive, sondern ich schaue auch jetzt gerne auf mein Leben zurück und sage „ja, ich habe es liebenswürdiger gemacht“.
Michael: Ist ein frame-up. Für viele funktioniert das gut, weil es dieses Endgültige hat. So dieses Gefühl erzeugt von „oh shit, jetzt habe ich keine Zeit mehr mich darum zu kümmern, was mir eigentlich am Herzen liegt“ und dadurch, dass das so ein bisschen rauskitzelt. Ich kann das von mir auch gerne beichten. Ich habe da auch lange Zeiten gehabt, wo mir das nicht so klar war oder wo ich vielleicht meine Zeit damit verbracht habe, Dinge in der Welt zu tun, die jetzt nicht unbedingt zu dem beigetragen haben, was mir wirklich am Herzen lag. Das wurde mir dann mit der Zeit immer klarer und dazu eine schöne Anekdote, du hast ja eben eingangs gesagt „es ist mir noch nicht so ganz klar“ und dann war es dir ja doch ganz klar.
Christian: Ja ich habe ein bisschen auf Zeit gespielt, ich wusste ja vorher nicht was du fragst und habe dann ein bisschen gekramt.
Michael: Wer von euch, die gerade zuhören, sich jetzt die Frage stellt „shit, was ist das eigentlich bei mir“. Bloß keinen Stress, „et kütt, wie et kütt“. Es kommt, wann es kommt. Mir wurde die Frage nach dem purpose das erste Mal gestellt, da war ich 35 und war in einer für mich damals ziemlich großen Führungsrolle gelandet und hatte dann so einen executive coach, das war eine 65-jährige grauhaarige Dame namens Beth, in Südafrika war das. Und Beth kam dann zur zweiten Session an und brachte mir so einen einseitigen Zettel mit zum Lesen und da stand dann was zu purpose drauf und fragte mich dann mit einem großen Grinsen „okay Michael, what is your purpose?“. Und ich hatte keine Antwort. Auch im nächsten Moment, als die dann wieder kam, hatte ich keine Antwort darauf und dann hat sie etwas sehr Schönes gesagt und das „that is okay. My purpose came to me, when I was 55. It will come, when it comes“. Insofern muss man sich jetzt deswegen nicht stressen. Die Frage mir zu stellen, hat mir allerdings sehr geholfen und hat einen Prozess in Gang gesetzt, der sich dann über viele Jahre weiter entfaltet hat und der mir schon sehr geholfen hat mich in meinem Leben besser zu zentrieren und mehr an meinem Kern auch dann zu leben, schon ein tolles Thema.
Christian: Klingt jetzt spannend. Danke für die Frage und was hat das mit Management zu tun?
Michael: Ja genau. Organisationen und Firmen sind da mal wieder ähnlich. Die haben nämlich auch einen tieferen Zweck.
Christian: Geld verdienen.
Michael: Guter Punkt, weil Geld verdienen ist wichtig und wird manchmal leider vergessen in dem purpose-Thema. Die Definition von purpose im Business-Kontext, die mir am besten gefällt, ist: „Purpose is why you do what you do beyond making money“.
Christian: Also wofür mache ich das, was ich tue, abgesehen von Geld.
Michael: Über das Geld verdienen hinaus.
Christian: Und vielleicht noch abgesehen von Arbeitsplätze sichern. Oder Arbeitsplätze schaffen.
Michael: Genau. Aber das zum Selbstzweck ist natürlich auch nicht genug. Sondern die Frage „okay, wofür braucht die Welt eigentlich dieses Unternehmen“. Was verbessern wir denn da? Das kann auch etwas ganz kleines sein. Es muss hier jetzt nicht den ganzen Planeten retten.
Christian: Da gibt’s andere.
Michael: Auch und wenn wir dazu etwas beitragen können, ist ja cool. Das kann auch im kleineren sein, aber irgendwie leistet alles irgendwie einen Beitrag zum Vorankommen in unserer Welt, auf diesem Planeten, in der Menschheit und das ist wichtig, da auch mal drüber zu sprechen, weil das da nämlich auch passiert in dem Augenblick, wo wir das beschließen und drüber sprechen und es ist uns klar wird. In der Firma hat es den wichtigen Teil, dass also, wer steht jetzt morgens auf und hüpft begeistert unter die Dusche und kann es kaum erwarten ins Büro zu kommen, weil sein Gehalt am nächsten Ersten auf dem Konto ist. Gut, kommt vielleicht ein bisschen auf die Größe des Gehalts an und irgendwann hört die Motivation auch da auf. Wenn ich weiß, ich arbeite hier an etwas, was irgendwie einen coolen Beitrag leistet, dann ist dieses morgens auf dem Bett hüpfen wirklich motivierend, inspirierend und gibt mir Sinn.
Christian: Was könnte das jetzt in einem Unternehmen sein, so ein purpose, den alle toll finden?
Michael: Da gibt es verschiedene Themen, das ist eine Frage, „was könnte das sein“. Weiß ich nicht, wie ich das jetzt so beantworte, Christian.
Christian: Ist höchstwahrscheinlich abhängig vom Unternehmen und in jedem Unternehmen anders und vielleicht macht das in einem Unternehmen auch Sinn und in einem anderen halt nicht.
Michael: Und es hängt total ab von den Gründern, weil die bringen ihren persönlichen Lebenszweck, auch wenn er ihnen vielleicht noch nicht bewusst ist, oft unbewusst mit ins Unternehmen rein. Das ganze Thema „Werte“ spielt da auch eine große Rolle und „Visionen“. Über Werte hatten wir ja auch schon mal gesprochen in dem Kontext und das alles zusammen legt die Basis für die Kultur. Wenn unsere Firma zum Beispiel dafür existiert den Krebs zu besiegen, also die Menschheit von Krebs zu heilen positiv formuliert.
Christian: Oder einen Krebs.
Michael: Oder einen Krebs. Das wäre schon ganz fantastisch. Das muss natürlich jetzt nicht alles so heavy sein wie Krebs heilen, hier von World Disney der purpose zum Beispiel, die haben ein fantastisches purpose-statement das ist ganz einfach „to make people happy“.
Christian: Das heißt ich gehe nach Disneyland oder schaue mir einen Disney-Film an und gehe glücklich raus, habe eine gute Zeit 1 ½ Stunden.
Michael: Und wenn ich jetzt Mitarbeiter bei Disney bin und ich weiß, der Zweck warum wir existieren über das Geld verdienen hinaus ist „to make people happy“, dann gibt mir das schon mal eine gute Richtung vor, was ich da jetzt machen darf, wie ich mich verhalten muss und das was zählt am Ende, das Resultat ist „to make people happy“. Das kann ich sogar messen.
Christian: Dann führe ich vielleicht auch ein Telefon anders. Mit einem Kunden, einem Lieferanten.
Michael: Das Ziel ist, derjenige sollte aus diesem Gespräch happy herausgehen, wenn wir hier unseren Zweck leben, auch in so kleinen Sachen und die addieren sich alle auf bis es ganz groß ist wie Disney.
Christian: Was gibt es noch für purpose auf der Welt?
Michael: So Kategorien oder Arten von purposes?
Christian: Konkrete Beispiele.
Michael: Von Coca-Cola zum Beispiel, die haben ein schickes purpose-statement. Der erste Satz davon gefällt mir am besten, der ganze ist ein bisschen lang, der erste Satz ist „to refresh the world in mind, body and spirit“. Die Welt erfrischen in Geist, Körper und Seele.
Christian: Für wen darf das jetzt Sinn machen?
Michael: In erster Linie für die Menschen, die im Unternehmen arbeiten. Purpose hat nicht unmittelbar etwas mit Marketing zu tun, das hängt zwar alles miteinander zusammen, es dient in erster Linie dazu, dass den Leuten klar ist, warum es die Firma gibt und warum sie da arbeiten und dann ist ja „to refresh the world“ gut, also wenn ich jetzt ein Kaltgetränk zu mir nehme, dann erfrischt mich das wahrscheinlich schon mal, in meinem Fall dann lieber ohne den ganzen Zucker drin und dann kommt dieser zweite Teil „in mind, body and spirit“. Also „body“ ist glaube ich auf Anhieb klar, in meinen Körper kippe ich das jetzt rein und dann fühle ich mich erfrischt und dann ist aber noch dieser „mind“ und „spirit“. Da passiert noch etwas anderes.
Christian: Das sieht man ja in der Werbung.
Michael: Genau. Das können wir fühlen. Wenn du jetzt reingehst, was Coca-Cola für dich bedeutet mal unabhängig davon Marke und groß und corporate und Zuckerwasser. Also ich trinke auch lieber gesünderes und trotzdem haben wir ein Gefühl davon, wenn wir das purpose-statement hören so von „ja, die hinterlassen ja schon einen Eindruck so insgesamt“, der jetzt über das rein funktionale Trinken eines Zuckerwasser-Getränkes weit hinausgeht.
Christian: Definitiv.
Michael: Das gute Gefühl Weihnachten, holidays are coming, ist auch auf eine Art und Weise erfrischend, wenn da so die Weihnachtssaison losgeht oder die schöne Sommerwerbung buchstäblich wenn ich in der Werbung dann die Flasche sehe mit den Wasserperlen außen dran, weil die Flasche so kalt ist in der Sonne und dann anfängt zu kondensieren, also die drücken das auch sehr gut in ihrem Marketing aus.
Christian: Das heißt diese purposes, über die wir jetzt gerade schon gesprochen haben, sind ja eigentlich nur ein Schritt entfernt von „die Welt verbessern“. Die Welt verbessern, die Welt schöner machen, liebenswürdiger machen. Sind alle Unternehmenszwecke so, dass es darum geht, die Welt schöner zu machen?
Michael: Ja sollten sie jedenfalls finde ich. Schon. Worum geht’s? Warum sind wir alle auf diesem Planeten? Warum gibt es Unternehmen, warum gibt es Firmen über das Geld verdienen hinaus? Eine Firma muss Geld verdienen, das liegt in der Definition. Eine Firma bringt auch Arbeitsplätze mit sich, bringt vielleicht auch Wohlstand mit sich für die Menschen, die an der Firma beteiligt sind und die darin arbeiten. Das ist alles gut und schön nur wenn das keinen Zweck verfolgt in der Welt, wo das wirklich was macht, ist die Frage, ob so eine Firma dauerhaft wirklich erfolgreich sein kann.
Christian: Ich könnte mir ja jetzt auch eine Firma vorstellen, die einen negativen Zweck hat.
Michael: Zum Beispiel.
Christian: Erringung der Weltherrschaft in den nächsten fünf Jahren oder so etwas.
Michael: Brian international. Ja. Und dann?
Christian: Klingt für mich jetzt nicht attraktiv, sowohl als Arbeitgeber, als auch als Lieferant.
Michael: Schwer vorzustellen.
Christian: Ich habe ja einen purpose, der mir immer so im Hinterkopf schwebt, wenn ich darüber nachdenke, ein großes Projekt oder eine große Unternehmung war ja, als die Amerikaner auf den Mond geflogen sind und da haben die ja wirklich wahnsinnig viel Energie, Ressourcen, Geld, Mensch und Material konzentriert, um das zu machen. Wie ich es verstanden habe, der purpose war, es den Russen zu zeigen.
Michael: Ja genau.
Christian: Ist jetzt tatsächlich kein global gesehen ein purpose, der die Welt besser macht und trotzdem hat der anscheinend wirklich gezogen.
Michael: Ja das ist natürlich eine gute Frage. Vordergründig, damals gab es mich noch nicht so wirklich. Wie ich das verstehe, das war schon ein Wettlauf und hatte was sehr Kompetitives, competition hat ja auch einen guten Effekt. Das hat das ganze Land angespornt, mesmerised, auf dieses Ziel hinzuzuarbeiten und die haben es tatsächlich geschafft. Damals, was sehr klar war, war die Vision von dem Ganzen, die Kennedy da gesetzt hat, die große Mission, „we are gonna put a man on the moon this decade“ hat er glaube ich gesagt so in etwa. Und das haben sie so gerade geschafft. Innerhalb von zehn Jahren, er hat es leider nicht mehr miterlebt und wenn der Zweck, ich weiß nicht ob der damals so deutlich nach außen kommuniziert wurde, ging sich ja darum, den Wettlauf zu gewinnen. Dann kommt auch wieder die Frage, weißt du noch eingangs bei unserem Gespräch, da hast du gesagt „Mein Zweck ist es, mich zu optimieren oder die beste Version von mir selber zu sein“. Und dann habe ich dich gefragt „wofür“ und das ist typisch für so ein purpose-Gespräch, da immer wieder die Frage zu stellen „wofür, zu welchem Zweck denn eigentlich?“. Und bei den Amerikaner, selbst wenn da die Antwort ist „ja um die Russen zu schlagen“ – „ja okay, und wofür?“. Wie macht das denn die Welt besser? Und das hat es ja irgendwie. Es hat viel Technologie gebracht, es hat viele technische Errungenschaften gegeben, die uns als Menschen im Nachgang sehr geholfen haben, die wenn sie nicht durch dieses mega finanzierte Raumfahrtprojekt hervorgebracht worden, wahrscheinlich noch viele Jahre gebraucht hätten, bis sie gekommen wären. Also es hat schon irgendwie einen Zweck gehabt, der über dieses Kompetitive mit den Russen hinausgegangen ist. Letztendlich hat es auch den Zweck am Ende bewirkt, dass die Welt dadurch zumindest für eine Zeit ein friedlicherer Ort wurde. Dieser Pax Americana, wie die Zeit ja auch genannt wird, auch wenn sie jetzt vielleicht zum Ende kommt, das war schon eine sehr lange Periode an Frieden und Stabilität in der Welt, die wir sonst in unserer Geschichte, jetzt haben wir die ganz großen Themen, aber das hatte so einen riesigen Zweck und das hat auch so eine Wirkung gehabt und hat wirklich die Welt verändert dadurch, positiv.
Christian: Was ist denn noch wichtig, wenn wir über den Unternehmenszweck sprechen?
Michael: Den auf einen Punkt zu bringen, möglichst in einem Satz, das ist das Herz des Ganzen, das Herz der Kultur des Unternehmens und damit auch das Herz, von dem was nach außen ausgestrahlt wird und das muss einfach sitzen und auf dem Punkt sein und kurz und knackig sein. Mage ich sowieso gerne, auf den Punkt. Das ist dabei besonders wichtig. Wenn wir so value workshops machen, dann ist das Briefing, was die Teilnehmer bekommen, in sieben (plus/minus zwei) Wörtern zu formulieren, wofür existiert unser Unternehmen eigentlich. Und das dann so lange zu pushen, bis diese sieben (plus/minus zwei) Wörter so sitzen, dass alle sagen „boah, geil, dafür stehe ich morgens auf“.
Christian: Wofür stehst du denn morgens auf? Was ist dein purpose?
Michael: Mein purpose ist Menschen zu helfen, Unterschiede zu überbrücken, Unterschiede zwischen Menschen.
Christian: Vielen Dank, Michael.